Fotos: Olivia Pulver, Adrian Bretscher
Zürichs bester «Italiener». Der Weg zum Ziel ist etwas umständlich. Mandarin-Oriental-Gäste, die einen Tisch im Restaurant gebucht haben, müssen raus auf die Poststrasse und über den Münsterplatz. Die 200 Schritte lohnen sich. Hinter einem verspielten, eisernen Tor entdeckt man ein verblüffendes Ristorante: «Orsini», Zürichs bester «Italiener». Eine Abkürzung gibt es auch: Quer durch die grosse Hotelküche. Aber dazu braucht es gute Nerven. Acht der 28 Chefs kochen ausschliesslich fürs «Orsini». Konversationssprache: italienisch. Durchschnittsalter: blutjung, eine «U30»-Brigade gewissermassen. Die Ragazzi arbeiten hervorragend. Dass das Swiss Deluxe Hotel «Mandarin Oriental Savoy» am Zürcher Paradeplatz als «Hotel des Jahres 2025» ausgezeichnet wird, ist zu einem grossen Teil ihr Verdienst. Im GaultMillau-Rating geht’s um Kulinarik. Im MO Zürich fehlen Spa und Swimmingpool. Das ist schade, aber nicht schlimm.
80 Millionen für die «Wiedergeburt». Zürich hat sein «Savoy» wieder, das älteste Fünfsterne-Hotel der Stadt. An Weihnachten 1838 hatte Johannes Baur, ein junger Bäcker aus dem Vorarlberg am Paradeplatz das Hotel «Baur» eröffnet. Er schrieb damals: «Es ist mir eine Ehre, alle in- und ausländischen Reisenden höflichst in mein Hotel einzuladen mit dem Versprechen der besten und elegantesten Bedienung.» An Weihnachten 2023 eröffnete das stolze Haus ein zweites Mal. Die UBS ist stolze Besitzerin, Mandarin Oriental der Betreiber. Die «Wiedergeburt» hat ihren Preis: 80 Millionen Franken wurden investiert, aber es lohnt sich: Die 44 Zimmer und 36 Suiten, viele mit grosszügigen Balkonen und Dachterrassen und angenehm gestaltet vom Pariser Innenarchitekten Tristan Auer, waren in den letzten Wochen zu 91 Prozent ausgebucht. Ein fantastisches Comeback. Beeindruckend die Nachbarschaft: Hermès, Sprüngli, Grieder, Zegna, Armani, Louis Vuitton, Moncler, Galerie Gmurzynska; die Bahnhofstrasse vor der Haustüre.
Blitzstart dank Mandarin-Power. Den Blitzstart ermöglichte eine der besten Marken in der hart umkämpften Welt der Luxushotellerie: Mandarin Oriental. Zürich ist für MO ein Prestigeprojekt, also beorderte das Hongkonger Headquarter die besten Manager und die grössten Talente in die Schweiz. General Manager Dominik G. Reiner wechselte aus dem MO München an die Limmat. Executive Chef Benjamin Halat hat im magischen MO-Mutterhaus an Bangkoks Chao Praya River gearbeitet. Konzept, Karte und Köche für das Signature Restaurant «Orsini» kommen vom Mandarin Oriental Milano.
Chef Antonio & seine Musterschüler. Zweisterne-Koch Antonio Guida ist dort das kulinarische Mastermind, und er entsandte zwei seiner grössten Talente nach Zürich: Dario Moresco, 31, ist der Boss, Gianmarco D’Alonzo, 28, sein Freund und Vize. Die Ragazzi verblüffen mit italienischem Fine Dining, wie man es in dieser Form nur selten kriegt in der Schweiz: Raffiniert, austariert, mit den besten Produkten. Die Jungs kochen modern, ohne die Wurzeln der wunderbaren italienischen Küche zu verleugnen. Guru Guida reist einmal pro Monat mit dem Zug aus Mailand an: «Vertrauen ist gut, Kontrolle besser.» Aber: Auf seine Schüler ist er sehr stolz.
Il Fusillo, Wildhasen-Bottoni, Wachteln. Highlights im «Orsini»-Menü: Ein knuspriges, pechschwarzes «Cuscino», gefüllt mit allen Komponenten, die zu einer klassischen Carbonara gehören. Handgetauchte Jakobsmuscheln aus Norwegen von herausragender Qualität, dünn aufgeschnitten, überraschend angerichtet auf einer Bufala-Mozzarella-Creme, serviert mit Kaviar (N25) und Austernsauce. Hummer aus der Bretagne mit feuerroten Peperone aus Senise (Kalabrien), dazu die Hummerscheren in einer grünen Gazpacho. Zarte Wachteln aus der Bresse, mit einer «Polentina». Die Pasta-Gänge verblüffen. Die Bottoni sind mit Wildhasenfleisch gefüllt, und Rognoni (Wildhasen-Nierli!) gibt’s auch dazu. Kreation des Sommers: «Il Fusillo»! Im Teller liegen marinierte Sardinen, Pinienkerne und schwarze Zitrone, die Fusilli, ziemlich al dente gekocht, werden in der grossen Kupferpfanne nochmals gewendet und vom Chef persönlich dazu serviert. Grande! Gilt auch für das Crudo vom Knurrhahn: Aprikosen-Sud, gekühlt, serviert im gekühlten Teller.
Startkapital für Dario: 16 Punkte. Dario Moresco, auch bei Superstars wie Georges Blanc und Heinz Beck ausgebildet: «Es ist nicht einfach, in eine fremde Stadt zu kommen und zu kochen. Aber wir finden unseren Weg. Die Feedbacks sind gut, und hervorragende Produzenten haben wir auch schnell gefunden.» Nächstes Projekt: Cacciagione! Die Ragazzi testen bereits für ihre erste Wildkarte. GaultMillau-Startkapital: 16 Punkte. Dabei wird’s kaum bleiben.
Schnitzel. Und Best of Asia. Im vibrierenden «Mandarin Oriental» schafft es noch ein zweites Restaurant in den GaultMillau: Die «Savoy Brasserie» (15 Punkte), mit angenehmer Terrasse zum Paradeplatz. Auf der Karte alles, was man in einer Brasserie erwartet: Gillardeau-Austern, Caesar Salad, Rindstatar, Bestseller wie «Zürcher Geschnetzeltes» und Wienerschnitzel. Und noch einiges mehr. Executive Chef Benjamin Halat: «General Manager Reiner will, dass wir die Mandarin-Heritage pflegen. Also servieren wir auch Bao Bun, Thai-Ceviche, Som Tam und Korean Fried Chicken.» Läuft wie wild. Den «Plat du Jour» (Schweinebauch, Stroganoff, Loup de mer») gibt’s für 38 Franken. Am Paradeplatz ein erstaunlich freundlicher Preis. Für die Wintermonate greift Chef Halat einen Trend auf, der in Japan gerade abgeht: «Bubbles & Pearls». Ein Glas Champagner, 15 Gramm Kaviar und Schnitzel (!), für 88 Franken.
Rooftop-Bar 1838: Magisch! Asian Snacks gibt’s auch dort, wo das «Mandarin Oriental Savoy» am schönsten ist: In der spektakulären Rooftop-Bar «1838» auf Etage 7. Magische Sicht, magische Cocktails & Mocktails, Saké, Rosé aus der Magnum. Für einen der nur 50 Plätze stehen die Gäste draussen auf der Poststrasse geduldig Schlange. Tipp: Reservationen sind möglich.