Text: Anita Lehmeier I Fotos: David Birri
«Ich kann nur Sbrinz». Die Adresse Undergass würde man ja im Dorf Giswil vermuten, neben einer Haupt- oder Obergass. Weit gefehlt! Die Käserei Windlin liegt fernab vom Dorf, inmitten grüner Wiesen, mit Blick auf Sarnersee und Berge. Der Weg führt vom Grossteil durch eine lange Allee Richtung «Gsang», dieser legendären Waldlichtung, wo das Volkskulturfestival Obwald im Sommer Musiker und Gäste aus dem ganzen Land und aller Welt anlockt. Natürlich hängt das hübsche Banner mit dem Sbrinz-Logo und dem Bergwanderer im Alpenglühn an der Undergass-Käsi. Vor dem Haus weist ein grosser Tank auf das hin, worum es hier geht: in erster Linie um Milch! In dem stattlichen Wohn- und Geschäftshaus verarbeiten Windlins seit 1975 den guten Rohstoff zu Sbrinz AOP. «Meine Eltern Silvia und Urs konnten die Liegenschaft 1975 erwerben, sie bauten die erste Käserei hier», erzählt Noldi Windlin, 51, der in die Fussstapfen des Vaters trat und ebenfalls Käser lernte. Nach seinen Lehrjahren im nidwaldnerischen Buochs und St. Niklausen und in der Klosterkäserei Engelberg OW führten ihn die Wanderjahre nach Hünenberg ZG, stets in Sbrinz AOP-Käsereien. «Ich habe auf Sbrinz gelernt, meiner Lebtage habe ich immer Sbrinz gemacht. Ich kann nur den!», meint Windlin augenzwinkernd. Wie viruos er den draufhat, zeigen die Bestnoten von 20 Punkten, die er mit einigen seiner Bio-Sbrinz AOP schon holte.
BIO IM TEAMWORK. 1999 übernahm der Junior dann vom Senior, es blieb bei der exklusiven Produktion von Sbrinz AOP. 2002 stellte Noldi Windlin auf Bio um, zusammen mit einigen Bauern, von denen Windlins schon lange die Milch bezogen hatte. «Ich bin auf motivierte Bio-Bauern angewiesen, denn die Milch ist die Basis, das A & O für qualitativ hochwertigen Käse. Gute Milch in ausreichender Menge zu bekommen, das ist meine grosse Herausforderung.» Heute sind es zehn Bio-Betriebe, die Windlin den wertvollen Rohstoff liefern, rund 1,2 Millionen Liter Bio-Milch pro Jahr. Acht Bauern sind unmittelbar Nachbarn, manche in Sichtweite der Käsi, zwei Betriebe sind in St. Niklausen domiziliert, nahe vom Flüeli-Ranft, wo unser Nationalheiliger Bruder Klaus einst Erleuchtung fand. Vier der Lieferanten bringen die Milch, bei den anderen holt Windlin diese mit einem Tankfahrzeug ab. Einer seiner langjährigen Lieferanten ist Hubert Enz aus Giswil. «Der Noldi lief mir schon als Dreijähriger hintendrein, wir kennen uns schon ewig», erinnert sich Enz, einst Nachbar der Windlins. Am neuen Standort stellte er auf Bio um, das war 2001. Jetzt hält er 40 Hornkühe der Rasse Original Braunvieh auf seinen Weiden und im grossen, luftigen Laufstall, den er vor neun Jahren bauen liess. 800 Liter beste Bio-Milch gehen täglich – ausser zur Alpzeit im Sommer – zu Windlin. Zur Herde gehören Stier Elia, der Chef, mit seinen 700 Kilo eine imposante Erscheinung, und sein Vize, Ringo. Noch ist nur Elia zuständig für den Nachwuchs in Enz’ Herde – per Natursprung.
KESSI & COMPUTER. Einen weiteren wichtigen Schritt nach der Umstellung auf Bio wagte Windlin 2010 mit dem Komplett-Umbau der Käserei. Er stattete den Betrieb mit einem grösseren Kessi aus. Das Kupferkessi fasst 5500 Liter, was die Herstellung von zehn Laiben Bio-Sbrinz AOP täglich ermöglicht. Er habe das Kessi als Occasion kaufen können, «die Dinger sind unkaputtbar, wenn sie gut gepflegt werden», sagt Windlin. Ausserdem habe er eine Wendepresse installiert, was die Arbeit enorm erleichtere, und eine SPS-Steuerung. Das «Herzstück im Betrieb» verbirgt sich in einem Kasten, mit vielen digitalen Displays voller Zahlen – für den Laien total unverständlich, für Windlin eine Quelle von Freude. Stolz führt er vor und erklärt, was diese Steuerung alles kann. Trotz aller Moderne in seinem Betrieb – beim Käsen brauchts dennoch viel Handarbeit und Muskelkraft. Seit Anfang dieses Jahres geht ihm Lukas Furrer zur Hand, ein junger Käsermeister aus Ennetbürgen NW, der nach seiner Lehre bei Hofstetter in Hildisrieden LU zwei Sommer z’Alp war, bevor er bei Windlin einstieg. Auch Furrer ist ein Fan von Sbrinz AOP – auch, weil dieser Käse ihm einen frühen Feierabend erlaubt. «Wir fangen um fünf Uhr morgens an mit der Produktion und sind dann kurz nach Mittag fertig», erklärt Furrer. Bald wird ein dritter Mann das Duo verstärken, ein Lehrling im dritten Lehrjahr, den Windlin von der Dorfchäsi Wolfisberg in Alpnach OW übernimmt. «Er ist um die dreissig, ein ehemaliger Flüchtling aus Afghanistan – ein fleissiger Arbeiter», lobt Windlin.
Windlin & sein Kundenstamm. Nach der strengen Fertigung von Bio-Sbrinz AOP am Morgen ist für den Chef noch lange nicht Feierabend. Er betreibt als zweites Standbein eine Schweinemast. Im Stall neben der Käsi stehen Mast-Schweine, die unter anderem mit der Molke aus der Käseproduktion aufgezogen werden. Seine Partnerin Marianne Leuthold hilft beim Post-Versand an private Kunden und beim Anrichten von Apéros. Hinter der Käsi ist ein Raum für das Einschweissen und Verpacken reserviert. Hier steht auch ein Kühlschrank, in dem sich Lauf- und Stammkundschaft mit Bio-Sbrinz AOP als Möckli, Reibkäse oder Keile eindeckt, und die Chäswürste, die Windlin zusammen mit einem pensionierten Metzger herstellt. Postpakete gehen regelmässig an den «Biohof» in Zug, den «Chornlade» in Zürich, die Metzgerei Matter in Kriens LU, zwei Restaurants im Tessin und den «Adler» in Küssnacht SZ, den Windlins Cousin Dani und seine Frau Ines Windlin-Zgraggen führen. Der Grossteil von Windlins Produktion geht an die Emmi Schweiz. Noldis bevorzugte Tour führt ihn zum Restaurant Bahnhof in Giswil. In dem 125-jährigen Betrieb, in fünfter Generation von Familie Zumstein geführt, arbeitet Noldis Sohn Julian seit zwei Jahren als Chef der Partie. Das «Bahnhöfli» hatte schon zuvor bei Windlin Sbrinz AOP bezogen und den Gästen serviert. Julian, der sich zurzeit zum Chefkoch weiterbildet, hat ein paar feine Ideen entwickelt, den hocharomatischen, würzigen Bio Sbrinz AOP seines Vaters zu verarbeiten. Zum Beispiel in knusprige Chips mit Pilzen und Speck zur Suppe aus Nüsslisalat. Dem Secreto vom Schwein mit einer duftigen Zitronen-Sbrinz-Kruste oder als Sbrinz-Thymian-Glacé zum Giswiler Hirschcarpaccio aus fünfjährigem, rässem Bio Sbrinz AOP. Bei unserem Besuch im Restaurant Bahnhof hat Noldi Windlin diese Glacé-Kreation zum ersten Mal probiert. «Sehr gelungen! Mal was anderes», findet der Käsermeister, in dessen Familie jeden Tag Bio-Sbrinz AOP auf den Tisch kommt. «Ich habe halt selbst viel Freude an meinem Käse», meint er mit Stolz in der Stimme.
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