Favory. Conversano. Pluto. So heissen die drei Lipizzaner-Pferdchen, die die «Zermatterhof»-Gäste am Bahnhof abholen. In Zermatts elegantestes Hotel geht’s dann im Einspänner. Allerdings nur, wenn das Thermometer nicht über 28 Grad steigt. Dann bleiben die Pferde im Stall. Die Pferde ertragen die Hitze gut. Aber die Tierschützer erstatten empört Anzeige. Lipizzaner traben seit Jahrzehnten durchs Dorf. Und passen zum «Zermatterhof» und seiner 150-jährigen Geschichte. Der Barman, der auf der atemberaubenden Terrasse mit freier Sicht aufs Matterhorn die Cocktails mixt, kennt keine Tenue-Erleichterung: Er trägt schwarzen Anzug und Krawatte. Noblesse oblige in diesem Swiss Deluxe Hotel.
Piano zum Zmorge. Der Tag fängt gut an im «Zermatterhof»: Alexandra Marti, die zusammen mit ihrem Ehemann Markus das Hotel führt, empfängt die Gäste freundlich zum Frühstück, unter Glaskuppel und Blattgoldstuck. Auf dem grosszügigen, sehr gepflegten Buffet gibt es alles, was man in einem Fünfsterne-Hotel so erwarten darf, dazu Roggenbrot, Horu-Käse, Hering und Sushi. Und Piano-Musik, live! Giovanni Gobbi heisst der Pianist. Der freundliche ältere Herr spielt seit 30 Jahren im «Zermatterhof», gehört gewissermassen zum Inventar. Arbeitsbeginn für Giovanni ist 0800 Uhr. Die Gäste nicken ihm freundlich zu. Auch Theresa May, bis zum 24. Juli 2019 Premierministerin des Vereinigten Königreichs. Auch fünf Jahre nach ihrem Rücktritt reist sie noch mit grossem Aufgebot an: Vier Bodyguards begleiten sie im «Zermatterhof» auf Schritt und Tritt.
Skihütte, Skilehrer, Say Cheese. Konversationssprache im «Zermatterhof» ist zunehmend englisch. Sehr viele amerikanische Gäste checken ein, magisch angezogen vom Matterhorn. Sie überlassen nichts dem Zufall: «Bereits Wochen vor ihrer Ankunft buchen sie alles: Den Tisch mittags in der Skihütte. Den Tisch fürs Nachtessen. Den Skilehrer», sagt General Manager Markus Marti, «ab Oktober kümmert sich einer unserer Concierges ausschliesslich um Reservationen.» Ein Abend im «Keller» des Hauses gehört auch zum Programm: Tapas aus dem Walliser Spycher, Raclette aus der «Horu»-Käserei, Fondue «Zermatterhof», 220 Gramm pro Person. «Say Cheese» heisst das modern gestylte Restaurant, im Winter fast immer ausgebucht.
Signature Dish: Ziger-Gnocchi! Vorzeige-Restaurant ist das «Prato Borni» (16 Punkte, ein Stern). Heinz Rufibach ist der Chef. Er kocht schon länger hier und hoffentlich auch noch bis zu seiner Pension. Im eleganten Restaurant mit Panoramablick herrscht schnell entspannte Ferienstimmung. Spätestens nach dem Amuse-bouche sind die Sinne hellwach: Rufibach veredelt seine Oxtail-Ravioli mit Foie gras, giesst einen Trüffeljus und einen Krustentierschaum dazu. Nach dieser noblen Begrüssung der Klassiker des Hauses: Wunderbare Ziger-Gnocchi mit Hirschtrockenfleisch und verblüffender Sauce. Fondue und Fendant, mehr «Heimat» geht nicht. Und die recht heftige Süsse im Teller? Birnen waren drin. Gang des Abends: Jakobsmuscheln an einer scharfen und dennoch gut ausbalancierten Curry-Sauce, mit Erdnuss-Crumble, Gurken und Raita. Zermatt grüsst Indien – ausgezeichnet! Zermatt grüsst auch Mostindien: Secreto vom Thurgauer Apfelschwein, mit saurem Most, Pfifferlingen, Broccoletti und Spinat.
Rufibach und die «Bärner Meitschi». Heinz Rufibach ist nicht nur ein erstklassiger Koch, sondern auch ein guter Personalchef. Er scoutet vorzugsweise im Bernbiet, hat dort bereits Miri Schwarz entdeckt, die für ihn die Brasserie Lusi rockt (14 Punkte). Die fröhliche Chefin kann zwei Dinge besonders gut: Kutteln & Kalbskopf. Im Winter gibt’s auch feine «grosses pièces», präsentiert auf einer ehrwürdigen silbernen Voiture. Sehr stolz ist der Chef auf seine Pâtissière Celina Friedrich («äs Buuremeitschi, eine Schafferin par excellence, gelernte Köchin, Bäckerin, Konditorin und Confiseurin»). Tatsächlich ein Talent. Die Brombeer-Variation mit Cremeux, Bergamotte, Brombeer-Sorbet und Buttermilch war grosses Kino. Neue Mannschaftsaufstellung beim Wein: Peter Zimmermann, GaultMillaus «Sommelier des Jahres 2023» ist weitergezogen (ins «Giardino» Ascona), seine Nachfolgerinnen Ramona Reich und Michaela Svobodová machen mit mutigen Pairings einen guten Job. Wirbelwind Zimmermann fehlt uns trotzdem ein wenig: Er war ja auch der grosse Entertainer im Haus.
«Shogun» & «Golden Lok». Der «Zermatterhof» ist ein Wohlfühl-Hotel. 69 angenehme Zimmer und Suiten (DZ im Sommer ab 500 CHF, im Winter ab 800 CHF), kein Dichtestress, riesiges Restaurant-Angebot: «Prato Borni», «Lusi» und «Say Cheese» im Haus, in «walking distance» zwei Restaurants, die wie der «Zermatterhof» zur sehr mächtigen Burgergemeinde gehören: Das «Shogun» für Sushi & Sashimi, die «Golden Lok» für italienische Küche. Leonardo Brunetti aus der Toskana ist im Kellerlokal mit einer alten Gornergrat-Loki (Baujahr 1898) der Gastgeber. Am liebsten serviert er «Pasta mista in padella», stellt eine Pfanne mit verschiedenen Teigwaren ganz unkompliziert mitten auf den Tisch. Ein Geheimtipp im Dorf mit den 22 GaultMillau-Adressen!
>> Fotos: Olivia Pulver, Gaudenz Danuser, Thomas Buchwalder, Christian Pfammatter, HO