Text: Elsbeth Hobmeier | Fotos: David Birri

Monsieur Ben am Telefon. Arno Abächerli in Villarepos (15 GaultMillau-Punkte, ein Michelin-Stern) ist ein Fan von regionalen Produkten. Lamm aus dem Dorf, Fisch aus den nahen Seen, Gemüse aus dem Seeland. Und neu Morcheln aus dem Kanton Freiburg. Nein, nicht selbst im Wald gesucht, sondern gezüchtet von Monsieur Ben. «Ein hervorragendes, ein rares, ein absolut saisonales Produkt», schwärmt der «Jeune Restaurateur», «es hat mir immer schon widerstrebt, auf Morcheln aus China oder dem Kosovo zurückgreifen zu müssen.» Getrocknete Ware kommt im «Croix Blanche» höchstens mal für einen günstigen Tagesteller in Frage. Deshalb griff Abächerli sofort zum Telefon, als er von Monsieur Ben hörte, dem ersten Morchelzüchter der Schweiz. Und so findet man im Croix-Blanche jetzt ab Karfreitag bis ungefähr Mitte Mai im Gourmetmenü stets einen Gang mit frischen Morcheln an einer Rahmsauce, serviert auf Gnocchi und etwas Bärlauchpesto. Manchmal mit Spargel, manchmal mit einem pochierten Ei. Frühling pur auf dem Teller! Aber nur, solange Ben liefern kann. «Nachher ist bei mir fertig mit Morcheln», sagt Abächerli. Grosses Bild oben: Monsieur Ben (l.), Arno Abächerli.

Besuch bei Monsieur Ben, einem Morchelzüchter, der u.a. das Croix-Blanche beliefert. Zubereitung durch Arno Abächerli im Restaurant Croix-Blanche in Villarepos wo er ein Morchelgericht kocht. Die Morchelzucht von Monsieur Ben, Aufgenommen am 01.04.2025 ©David Birri

Jetzt wachsen sie! Chef Abächerli ist begeistert von Bens Erfolg!

Besuch bei Monsieur Ben, einem Morchelzüchter, der u.a. das Croix-Blanche beliefert. Zubereitung durch Arno Abächerli im Restaurant Croix-Blanche in Villarepos wo er ein Morchelgericht kocht. Die Morchelzucht von Monsieur Ben, Aufgenommen am 01.04.2025 ©David Birri

Monsieur Ben ist der Erste, der in der Schweiz den begehrten Pilz kommerziell züchtet.

Besuch bei Monsieur Ben, einem Morchelzüchter, der u.a. das Croix-Blanche beliefert. Zubereitung durch Arno Abächerli im Restaurant Croix-Blanche in Villarepos wo er ein Morchelgericht kocht. Die Morchelzucht von Monsieur Ben, Aufgenommen am 01.04.2025 ©David Birri

Schöne Ausbeute, frisch geerntet und bereit für die Weiterverarbeitung in der Küche.

Um zehn Uhr in der Küche. Zu Besuch bei Monsieur Ben im Freiburger Bezirk Sarine. Inmitten von grünen Weiden, am Rand eines kleinen Wäldchens, erblickt man lange, von schwarzem oder grünem Stoff bedeckte Tunnel. Darunter strecken die ersten Morcheln ihre Köpfe aus der Erde. «Es sind empfindliche Wesen, der Wald und der Tunnel schützen sie vor der Bise und zu starker Kälte», sagt Monsieur Ben. Im Herbst pflanzte er pro Tunnel 420 kleine Tontöpfe mit Samen in die Erde und legte ein Säckchen mit einem speziellen Substrat darauf. «Die Morchel holt sich ihre Nahrung selbst daraus.» Holt sie viel, lässt das auf eine gute Ernte hoffen. Gut heisst rund 60 bis 80 Kilo Ertrag pro Tunnel. Die Ernte hat soeben angefangen. Jeden Nachmittag schneiden Monsieur Ben und seine Frau die genügend gewachsenen Pilze ab, am nächsten Morgen fährt er sie direkt zum Kunden. «Bis um 10 Uhr sind sie in der Küche», betont der Pilzler, «ich will nur frischeste Ware liefern». Beliefert werden fast ausschliesslich Punkte- und Sterneköche, von Le Noirmont bis Genf. Der Kundenkreis weitet sich langsam auf die ganze Schweiz aus.

Arno Abächerli und Monsieur Ben, zwei Fribourger, ein Ziel: das regionale Top-Produkt.

Arno Abächerli und Monsieur Ben, zwei Fribourger, ein Ziel: das regionale Top-Produkt.

40 Tunnels für die Morcheln. Monsieur Ben ist ein «passionné», ein von höchster Qualität besessener Tüftler. Schon als Kind war er begeisterter Pilzler. Irgendwann hatte der 45-Jährige genug von seinem Job als CEO von Startups. «Ich wollte etwas Erdverbundenes machen». Als ihm ein Freund den Kontakt zu einer französischen Morchelzucht in der Nähe von Annecy vermittelte, wusste er, «das ist es». Im Herbst 2023 kratzte er alle seine Ersparnisse zusammen, suchte ein von Chemikalien und Pestiziden unbelastetes Stück Land, kaufte in Frankreich das Pilzmycel, baute die Tunnel und pflanzte darunter seine ersten Morcheln an, die er im Frühling 2024 ernten konnte. Das Investment war gross, die Handarbeit, die er mit seiner Frau und einem Helfer leistet, ist immens. Trotzdem ist heute noch ein Büro-Teilzeitjob nötig für den Lebensunterhalt. Aber Monsieur Ben hat sein Ziel vor Augen: höchste Qualität, einzig Handarbeit, keine Chemie, maximal 40 Tunnels.

95 CHF pro Kilo: Den Preis wert. Morcheln zu züchten, schien lange Zeit unmöglich. Entweder fand man sie in der freien Natur, oder es gab keine. Ein Anbau gelang erstmals 1982 in den USA, heute werden die wertvollen Pilze vor allem in China gezüchtet. Die Produktion im französischen Annecy geht vollständig an die einheimische Haute Cuisine. Monsieur Ben ist der bisher einzige Produzent von Spitzmorcheln in der Schweiz. Im Gegensatz zum natürlichen Habitat des Waldbodens ist die Morchelzucht nicht mehrjährig, sondern muss jeden Herbst neu angepflanzt werden. Angesichts des riesigen Aufwands ist der Kilopreis von 95 Franken nicht allzu hoch. Arno Abächerli, der damals erste Kunde von Monsieur Ben, betont denn auch: «Ich beziehe rund fünf Kilo pro Woche. Aber ich habe null Verlust und weiss, dass ich sie in dieser Frische und Reinheit sonst nirgends finde. Das ist mir und meinen Gästen den Preisunterschied wert.»

 

www.monsieurben.ch

www.croixblanche.ch