Signore Boleso, Executive Chef sind Sie in der «Villa Castagnola» bereits seit sieben Jahren. Jetzt haben Sie noch das 16-Punkte-Restaurant Arté übernommen. Geht das?

Es geht, weil ich ein fantastisches Team habe. Fast alle Köche sind mit mir von der «Villa d’Este» am Comersee nach Lugano gewechselt. Junio Carlo Pini, der für mich im «Arté», arbeitet, ist schon zehn Jahre mit mir zusammen. Ich strebe ein «Team Villa Castagnola» an. Jeder Koch soll in all unseren Ristoranti kochen dürfen. Grosses Bild oben: Alessandro Boleso (l.), Junio Carlo Pini

Heisst: Sie lassen kochen, vertrauen in den beiden Spitzenrestaurants ganz ihren Chefs.

Ich stehe nicht mehr selbst am Pass. Aber ich bin der Supervisor, schreibe die Karten, bin jeden Abend in beiden Küchen unterwegs und springe ein, wenn Not am Mann ist. Ein Chef muss auch raus zu den Gästen, sich vorstellen und Feedbacks abholen.

Hatten Sie nie gezögert, auch noch das «Arté» zu übernehmen?

Signor Zorloni, unser Chef, hat mich im letzten Herbst abgefragt, und ich habe keine Sekunde gezögert, zuzusagen. Man müsste verrückt sein, so ein Angebot auszuschlagen. Das «Arté», direkt am See gelegen, ist in Lugano eine grosse Adresse. Wir dürfen das Geld nicht aus dem Fenster werfen, aber wir haben keine Budgetsorgen, wie sie etwa meine Kollegen in internationalen Hotels kennen. Die «Villa Castagnola» will glückliche Gäste. Da muss ich beim Einkauf nicht allzu stark auf den Preis schauen.

Restaurant Galerie Arte al Lago, Grand Hotel Villa Castagnola, Lugano, TI

Luganos schönstes Restaurant: Galeria Arté al Lago bei der Villa Castagnola.

Ich habe gehört, dass Sie zwischendurch selbst wie ein Gast am Tisch sitzen.

Richtig. Das mache ich bei jedem Kartenwechsel. Ich staune selbst, wie die Perspektive wechselt, wenn man im Saal ist statt in der Küche. Ich mache meine Notizen, dann versuchen wir, zu justieren und zu verbessern.

Ihr Vorhänger Frank Oerthle ist eine Ikone, war jahrzehntelang im «Arté». Und Ihr Küchenstil ist ziemlich anders.

Frank ist Deutscher und seine Karte war immer etwas «tedesco», ich bin Italiener, wir haben 20 Jahre Altersunterschied. Klar, macht sich das auf der Karte bemerkbar.  Wir haben sieben Jahre gut zusammengearbeitet und sind noch immer in Kontakt.

Akzeptieren die alten Stammgäste den neuen Stil?

Immer besser. Ich diskutiere mit ihnen, gehe auch auf ihre Wünsche ein; ein «no» gibt es in der Villa Castagnola nicht. Wir versuchen, vermehrt auch ein jüngeres Publikum ins «Arté» zu holen. Gelingt ganz gut.

Ein Chef, zwei Restaurants, zwei Stilrichtungen, zwei Karten. Wie kriegen Sie das hin?

Das «Arté ist unser Labor. Da möchten wir, dass sich die Gäste auf uns einlassen und sich auch etwas Zeit nehmen. Wir präsentieren eine leidenschaftliche, kreative Küche mit viel Respekt vor der Natur. Wir kaufen, wenn immer möglich in der Region ein, beziehen beispielsweise in der Magadino-Ebene grossartiges, handverlesenes Gemüse. Wir geben dann eine exotische Komponente dazu, um das Gericht noch etwas pikanter zu machen: Szechuan-Pfeffer etwa oder Yuzu.

Die Karte im Hotelrestaurant «Relais» ist klassischer.

Das «Relais» setzt auf eine mediterrane Küche und bietet alles an, was Hotelgäste von einem Restaurant im Tessin erwarten; allzu «sophisticated» wollen wir da nicht sein. «La Rucola», unser drittes Restaurant, ist für die Familie konzipiert. Hier sollen sich auch die Kids wohl fühlen.

Sie haben zu Ihren Köchen ein enges Verhältnis.

Wir machen viel gemeinsam, rücken am Morgen aus, um Bärlauch oder Pilze zu sammeln. Viele von uns sind Jäger. Wir sind vor allem in Italien unterwegs, auf der Pirsch nach Gams und Reh. Auch «Bufflone» gibt’s am Monte Generoso. Die Mufflons mit ihrem abgerundeten Geweih sind so elegant, dass wir sie manchmal nur bewundern und darauf verzichten, sie zu schiessen.

>> Alessandro Boleso hat 16 Saisons in der weltberühmten «Villa d’ Este» gekocht, ehe er im Dezember 2017 in die «Villa Castagnola» nach Lugano kam. Ein Jahr später wurde er zum Executive Chef befördert. Er hat auch schon in der Villa Serbelloni, in Boca Raton / Miami und bei Italiens Ikone Gualtiero Marchesi gearbeitet.

 

www.villacastagnola.com