Text: David Schnapp | Fotos: Valeriano Di Domenico
Antonio Colaianni, Sie haben als Koch Ihre Biografie umgesetzt: italienisches Herz, kombiniert mit hiesiger, französischer Technik. War das ein bewusster Entscheid?
Das hat sich eher so ergeben. Ich komme aus einfachen Verhältnissen und habe erst während der Lehre gemerkt, wie gut wir zu Hause immer gegessen haben. So habe ich meine italienische Seite neu entdeckt – sie wurde mit der Zeit Teil meines Kochstils.
Warum sind Sie Koch geworden?
Wir hatten eine Tagesmutter – eine Schweizerin, die den Krieg noch erlebt hatte und mir immer sagte: «Wenn du Koch wirst, kannst du überall arbeiten und musst nie Hunger leiden.» Das habe ich nie vergessen, als es um die Schnupperlehre ging. Mir liegt alles, was man mit den Händen verrichten kann. Ich war ein kein guter Schüler und wurde deswegen oft von Lehrern und Eltern kritisiert. Als ich in einer Bäckerei und in einem Restaurant schnupperte, bekam ich zum ersten Mal Lob für etwas, was ich gemacht hatte. Das hat mich ermutigt. Weil Bäcker aber so früh aufstehen müssen, wurde ich Koch (lacht).
Seit 2020 kochen Sie im Ristorante Ornellaia in Zürich, das zur Bindella- Gruppe gehört. Sie sind meist ausgebucht, der GaultMillau bewertet Sie seit kurzem mit 17 Punkten, vom Michelin gibts einen Stern. Welche Art von Erfolg oder Anerkennung ist Ihnen wirklich wichtig?
Das Wichtiste ist, ein volles Restaurant zu haben, das die Gäste zufrieden wieder verlassen. Noten und Punkte sind gut fürs Ego und helfen, das Restaurant zu füllen.
Zu Ihren «Signature Dishes» gehören französische Klassiker wie die Bouillabaisse. Kürzlich haben Sie eine Lasagne neu interpretiert. Was reizt Sie an den italienischen Ikonen?
Wenn mir etwas typisch Italienisches mit einer gewissen Eleganz gelingt, macht mir das besondere Freude: An der Lasagne habe ich lange herumgetüftelt, damit sie nicht wie Hausmannskost daherkommt. Der Teig ist hauchdünn und wird roh eingesetzt, damit er beim Backen die Flüssigkeit aufsaugen kann. Das Ragù koche ich aus Rinderbacken, dazu kommen eine leichte, halbflüssige Béchamelsauce und Parmesan.
Welche Rolle spielt italienischer Käse in Ihrer Küche?
Auf Milchprodukte wie Ricotta aus Schaf- und Kuhmilch, Mascarpone, den Streichkäse Crescenza, Parmesan oder Pecorino kann ich nicht verzichten. Und in den Sommerferien auf Sardinien habe ich eine Pecorino-Creme entdeckt, die sich hervorragend dafür eignet, Gerichte abzuschmecken und ihnen eine besondere Cremigkeit zu verleihen.
In Ihren Polpettone, einen Hackbraten, kommt Casciotta d’Urbino. Was zeichnet diesen Käse aus?
Durch die Kombination aus Schaf- und Kuhmilch ist das ein sehr aromatischer, würziger Käse mit einem schönen Schmelzpunkt, was für das Rezept wichtig ist. Falls kein Casciotta erhältlich ist, kann man einen gereiften Fontina, einen Provolone oder einen anderen Käse verwenden, der gut schmilzt.