Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Thomas Buchwalder
Aus welchem Land kommt der beste Rohschinken? Drei Schinken-Aficionados stellen sich der Gretchen-Frage: Werner Tobler, Innhaber und Chef im «Bacchus» in Hildisrieden LU, Moritz Stiefel, 15-Punkte-chef im «Stiefels Hopfenkranz» in Luzern, und Oscar de Matos, 16-Punktechef und GaultMillaus «Aufsteiger des Jahres 2022» vom «Maihöfli» ebenfalls in Luzern. Die drei kennen sich seit Jahren, Oscar und Moritz haben beide bei Altmeister Tobler gearbeitet. Für den grossen Schinken-Gipfel kommen sie in Hildisrieden zusammen.
Der Cortador. Für den Spanier Oscar de Matos ist der Fall klar: «Spanischer Jamón, das ist die Champions League.» Zur Beweisführung hat er einen Joselito Gran Reserva mitgebracht. Wie ein Cortador – also ein professioneller Schinkenschneider – befreit er Fett und Schwarte von dem ganzen Bein. «Das darf man auf keinen Fall wegwerfen. Das kann man brauchen für einen Fond oder eine Consommé», erklärt der Chef. Dann gibt er seinen Kollegen zum Probieren. Gross widersprechen können sie de Matos nicht. «Fantastisch», schwärmt Werner Tobler. «Der Schinken hat richtig viel – wie nennt ihr Jungen das, wenn etwas mega fein ist? Umami!»
Croqueta mit Kaviar. Die drei Chefs haben für den Schinken-Gipfel im Luzerner Seetal je ein Rezept mitgebracht, um zu zeigen, wie man Schinken in ein Gericht einbauen kann. Oscar macht spanische Croquetas. Er verfeinert die Masse mit Abschnitten des Rohschinkens. «Croquetas sind in Spanien ein richtiges Resteessen», erklärt er die kleinen frittierten Bällchen. «Deshalb gibst du auch noch einen Löffel Kaviar obendrauf», frotzelt Moritz Stiefel. Die Beziehung zwischen Moritz Stiefel und Oscar de Matos, deren Restaurants in Luzern nur wenige hundert Meter voneinander entfernt sind, hält das aus.
Lokale Küche, lokaler Schinken. Doch Spanien ist längst nicht das einzige Land auf der Schinken-Landkarte. Moritz Stiefel, der vorwiegend mit regionalen Produkten kocht, setzt auch beim Rohschinken auf Lokales. «Es gibt wunderbare Rohschinken aus der Schweiz. Zum Beispiel aus dem Wallis oder dem Bündnerland.»
«Einfach geil.» Zur Degustation mitgebracht hat er einen Meersalzschinken von der Bio-Metzgerei Ueli-Hof in Ebikon. Der wird von Hand gesalzen und mindestens zwölf Monate an der Luft getrocknet. «Der ist einfach geil», sagt Moritz Stiefel. «Aber ganz anders als der Joselito», ergänzt Werner Tobler.
Respekt für den Meister. Und deshalb können die verschiedenen Schinken auch ganz unterschiedlich zum Einsatz kommen. «Ein Parmaschinken eignet sich hervorragend zum Braten», weiss Werner Tobler. Er umhüllt den Zander aus dem Lago Maggiore mit einer Scheibe Pata-Negra-Rohschinken von Les Frères Alcala vom Neuenburgersee. Dazu gibts Linsen und eine – gemäss eigener Aussage – perfekte Senfsauce. Stiefel und de Matos sind begeistert. «Von Werner haben wir alles gelernt, was wir wissen. Er hat ja schon Regional-Küche gemacht, als das noch kein Trend war», sagt Stiefel. Das Gelernte stellt Stiefel auch gerne unter Beweis. Er kocht einen Buchweizen-Risotto und hobelt den Meersalzschinken ganz fein oben drüber wie Parmesan.
Eine Preisfrage. Doch egal, ob spanischer Jamón, italienischer Parmaschinken oder Schweizer Rohschinken: In einem Punkt sind sich die drei einig: «Ein guter Schinken hat seinen Preis», sagen sie unisono. «Rohschinken kann alles sein: salzig, weich mit viel oder wenig Fett. Aber er ist nie billig», präzisiert Tobler. «Dann esse ich lieber nur wenig, dafür ein qualitativ hochwertiges Produkt.» Und zudem: «Man merkt sofort, ob das Tier ein gutes Leben hatte.