Text: Patricia Heller I Fotos: Marcus Gyger

Tierwohl steht an erster Stelle. Regula Oehrli ist gut zu Fuss. Muss sie auch. Jeden zweiten Tag steigt sie von ihren beiden Hütten auf ins Gebiet oberhalb der Geltenalp im Saanenland. «Ich muss wissen, dass es meinen Tieren gut geht», sagt die Yak-Hirtin. Den Tieren geht es gut: «Die Gegend hier erinnert an Hochebenen im Tibet oder in der Mongolei. Die Fläche ist riesig, 260 Hektaren. Für meine 53 Yaks ist es hier wie im Paradies. Das muss auch so sein. Tierwohl steht bei mir an erster Stelle. Stünde uns nicht so eine riesige Fläche zur Verfügung, würde ich keine Yaks züchten.» Frau Oehrli muss lange Wege gehen: Die Tiere steigen bei Hitze immer höher, bis auf 2200 Meter. GPS-Überwachung gibt es nicht: «Ich habe meine Ausblick-Punkte, sehe dann, wo die Yaks weiden.» Grosses Bild oben: Regula Oehrli und Chef Silvio Wieland bei den Yaks auf der Geltenalp.

Yak-Züchterin Regula Oehrli

Vertrauensverhältnis: Regula Oehrli und ihre Yaks, die den Sommer über auf der Geltenalp unterwegs sind.

Der 22. Sommer auf der Alp. Regula Oehrli hat viel Erfahrung, ist bereits den 22. Sommer auf der Alp, kümmert sich neben den Yaks auch noch um zwanzig Simmentaler Rinder. «Manchmal ist es etwas einsam in meinen Alphüttli, vor allem, wenn der Nebel hochsteigt oder wenns schneit. Aber ich bin bei aller Abgeschiedenheit mit Herzblut dabei.» Hat ein Tier Probleme, schlägt die Hirtin Alarm. «Im Notfall evakuieren wir den Patienten mit dem Helikopter.» Für schwierige Missionen, beim Aufgang und beim Abgang von der Alp hilft der Bruder: Gusti Oehrli, einst Weltklasse-Skirennfahrer (Abfahrt), heute Inhaber eines Sportgeschäfts in Gstaad und gefragter Bergführer. «Wenn es schwierig wird, ist der Gusti gäng debii», weiss Schwester Regula.

Küchenchef Silvio Wieland (l) mit Hausherr vom Alpenland Michael Ming (r)

Besuch bei der Herde: Direktor Michael Ming und Chef Silvio Wieland, Hotel Alpenland in Lauenen.

Küchenchef Silvio Wieland mit Yak-Züchterin ist Regula Oehrli

Wo steckt die Herde? Regula Oehrli sucht ihre Herde mit dem Feldstecher. Das Gebiet ist riesig.

Keine Angst vor dem Wolf. Füttern muss Regula Oehrli ihre Herde nicht. Die Yaks finden auf der Geltenalp alles, was sie brauchen, «wie in einer Apotheke». Fünf ranghohe Tiere führen die Herde. Sie heissen nicht Ruth oder Vrony, wie in unseren Alpen üblich, sondern Tensing, Chandrapin, Dashi. Tibetisch halt. Keine Angst vor Wölfen? «Bis jetzt nicht», sagt Regula Oehrli, «bei uns taucht der Wolf einzeln auf, nicht im Rudel. Allein hat er gegen die Yaks keine Chance. Die Tiere haben einen ausgeprägten Mutterinstinkt. Ist Gefahr in Verzug, bilden sie einen Kreis und schützen ihre Jungtiere.» Will Regula einen «Termin» bei den Chefs, lockt sie die zahmen Tiere mit einem «Gläck»: Eine bewährte Mischung aus Weizenkleie, «Chrösch» und Getreide. Zur Belohnung gibt es Maiswürfel.

Yaks-Ravioli im «Alpenland». Regula Oehrli sieht es so: «Yak-Fleisch ist gesund, fettarm und proteinreich. Im Geschmack angenehm und gleicht dem Wildfleisch.» Entsprechend gross ist die Nachfrage, bei Privatkunden und auch in der Gastronomie. Bester Kunde: Chef Silvio Wieland vom Hotel Alpenland in Lauenen (13 GaultMillau-Punkte). Sein Signature Dish: Yaks-Ravioli! Und weil die so gefragt sind, haben ihm die berühmten Hotelbesitzer (Unternehmer Willy Michel, Alt-Bundesrat Johann Schneider-Ammann) den Kauf einer riesigen Pastamaschine bewilligt. Im dünnen Teig: «Yak-Fleisch, Spinat für die Textur, genügend Jus fürs Fine Tuning» verrät der Chef, der schon mal mit Regula Oehrli aufsteigt zu den Yaks. Das eher trockene Fleisch eignet sich auch für Burger, die mittags serviert werden. Chef Silvio sammelt Edelstücke wie Filet und Entrecôte, setzt sie dann im Herbst auf die «Alpenland»-Karte.

 

>> www.alpenland.ch