Fotos: Andrea Furger
Typisch Martin Dalsass. Am Ende der Saison wechselt er in der (Un-)Ruhestand, aber zum Abschied gab’s im «Talvo» in St. Moritz-Champfèr keine Schickimicki-Party. Geladen zu einem fröhlich-luxuriösen Lunch waren zehn Souschefs, die ihn in einer langen und sehr erfolgreichen Karriere begleitet hatten, und jeder erzählte, wie wichtig für ihn die Jahre mit Martin waren. Der Chef, Gründungsmitglied der «Grandes Tables Suisse»: «Es war sehr emotional. Die Kommentare meiner früheren Souschefs haben mich berührt.» Einer von ihnen wird auf die Wintersaison hin sein Nachfolger: Kevin Fernandez. Die beiden haben die letzten zwölf Jahre zusammengearbeitet, und Martin weiss: «Der Kevin, der kann’s.» Grosses Bild oben: Hintere Reihe v.l. Ambrogio Stefanetti, Johan Breedijk, Matteo Gramatica, Matteo Rossoni, Alain Bächler, Florian Egarter. Mittlere Reihe v.l. Andrea Cingari, Erich Baumer, Bernhard Lacher. Vorne: Martin Dalsass und Kevin Fernandez.
«Wir verdanken ihm sehr viel.» Auch die Gäste waren sehr berührt. Ambrogio Stefanetti von der «Vecchia Osteria» in Chiasso-Seseglio (15 Punkte): «Wir kamen alle sehr jung zu ihm, haben viel gelernt. Die meisten von uns haben inzwischen ein eigenes Restaurant und auch Erfolg. Ich denke bei meiner Arbeit viel an Martin.» Dalsass-Gerichte tauchen auf den Karten seiner Schützlinge (mit Genehmigung des Patrons) immer wieder auf: Die berühmten Cavatelli kriegt man heute auch bei Johan Breedijk im «Montana» Luzern (15 Punkte), die Ravioli in tausend Varianten machten Erich Baumer im «Sonnenhof» Saanen (16 Punkte) zu einem Gäste-Liebling im Saanenland. Dalsass: «Ich habe gerne junge Köche im Team und zeige ihnen immer alles, gebe weiter, was ich weiss. Geheimniskrämerei ist nicht mein Stil. Auch Praktikanten und Gäste kriegen auf Wunsch meine Tipps.»
Kaviar & Kabier für die Kumpels. Die vereinigten Souschefs wurden im «Talvo» nach Strich und Faden verwöhnt. «Wenn schon, dann richtig!» sagte sich Martin Dalsass, servierte Balfego Tuna, Oscietra Kaviar, Gillardeau Austern, bretonischen Hummer, Cavatelli mit Muscheln & Calamaretti, Rippe & Burger vom Appenzeller Kabier-Rind. Den letzten Gang gab’s am Abend als Zugabe: Penne all’ arrabbiata – vom Chef selbst angesetzt.
Catering. Und Berghütte? Martin Dalsass ist trotz Abschiedsfeier noch lange nicht auf Abschied eingestellt. «Bis Oktober gebe ich in Champfer noch Vollgas. Dann sehen wir weiter. Ein paar Catering-Jobs in Zusammenarbeit mit dem Talvo mache ich bestimmt, und für ein paar Monate in einer Berghütte wäre ich auch zu haben.» Gerichte, die bleiben? Die Cavatelli mit Meergetier und die superleichte Schokoladenmousse (Olivenöl statt Rahm) haben ihm zuerst in Lugano-Sorengo («Santabbondio») und später im Engadin den Erfolg gebracht. Momente, die bleiben? «Die Auszeichnung zu GaultMillaus «Koch des Jahres 2001». Die Ehrung fand genau an meinem Geburtstag statt. Ich war für jeden Punkt und jeden Stern sehr dankbar. Aber ich habe nie dafür gekocht. Ich ging immer meinen eigenen Weg.»
Der Dank an die Besitzer. Den «Talvo»-Patrons Peter Spuhler und Michael Pieper ist Dalsass sehr dankbar: «Solche Besitzer sind einmalig. Sie haben immer gut zu mir geschaut, auch in den schwierigen Corona-Jahren.» Martin bedankt sich auf seine Art. Er löst das Nachfolger-Problem gleich selbst, stellt mit Kevin Fernandez einen starken Mann an den Talvo-Herd. Die Erfolgsgeschichte soll schliesslich weitergehen.
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