Fotos: Olivia Pulver
Madame Anne-Sophie, wir sind überrascht. Französische Chefs mögen Loup de Mer und Hummer. Sie servieren in Lausanne Felchen und Omble Chevalier aus dem See.
Keine Sorge, der Bar de ligne kommt schon wieder auf die Karte, mit Kaviar nach einem Rezept aus dem Jahr 1971, von meinem Vater Jacques. Aber bis Ende September die Schonzeit beginnt, setzen wir auf Fische aus dem Lac Léman, die uns Fischer Serge Gidoux von Pêcherie d’Ouchy praktisch vor dem Hotel fängt.
Ihr Felchen-Gericht hat mich schwer beeindruckt. Ohne ein paar Tricks kriegt man diesen Fisch nicht so genial hin.
Felchen sind für uns Chefs eine Challenge. Mit Hummer und Langusten kriegt man leichter ein grosses Gericht hin. Wir haben auch für Fische einen Reifeschrank. Wir kriegen unsere «Fera du lac» sehr frisch, sorgen dafür, dass der Fisch extrem sauber ist, lassen ihn vier, fünf Tage reifen. Dann werden die Filets mit Feigenblättern mariniert. Das führt zu einem intensiveren Goût. Auch bei den Meerfischen arbeiten wir sehr sorgsam, am liebsten mit Fischen, die nach der schonenden japanischen Ikejime-Methode getötet wurden.
Der Neue im Restaurant Anne-Sophie Pic in Lausanne: Jordan Theurillat.
Beeindruckt bin ich auf von Ihren Berlingots. Die stehen mit Copyright auf der Karte.
Pasta ist ja in Frankreichs Küche nicht gerade erste Wahl. Aber offenbar hatten wir Pics italienische Vorfahren. Mein Vater hatte Pasta fürs Leben gerne. Ich bereite Berlingots zu, die meinen Namen tragen und weltweit in all meinen Menüs vorkommen. Eine Art Ravioli in Pyramidenform, gefüllt mit Schafskäse vom Mont Gibloux in den Fribourger Alpen. Einige Komponenten passe ich der Saison an. Im Moment gibt’s die Berlingots mit Mais in verschiedenen Konsistenzen und mit Safran aus dem Jura.
Wir haben bei Ihnen gerade einen wunderbaren Siebengänger gegessen. Am Mittag! Da sind viele Spitzenrestaurants geschlossen.
Undenkbar! Ein schönes Mittagessen gibt Energie für den ganzen Tag. Ich persönlich gehe lieber mittags ins Restaurant. Natürlich wissen wir, dass es auch einige Gäste dann etwas eilig haben. Deshalb bieten wir auch einen Drei- oder Viergänger an, den wir auf Wunsch gerne schnell servieren. Schauen Sie mein neues Restaurant im «Beau-Rivage Palace» in Lausanne an. Der Gast sitzt auf der Terrasse oder im Garten, blickt auf den See. Schöner kann doch ein Mittagessen nicht sein.
Les Berlingots © ASP! Ein Signature Dish von Madame Anne-Sophie mit Schafskäse vom Mont Gibloux.
Haben Sie sich in die Schweiz verliebt? Wir kriegen Thurgauer Apfelschwein mit Thurgauer Pinot, im Pairing gibt es Weine von Irene Grünenfelder und von Philippe Darioli.
Ich war als Kind oft in der Schweiz. Wir haben Verwandte in Genf und Lausanne, die wir häufig besucht haben. Als ich vor 15 Jahren mein erstes Restaurant eröffnete, habe ich mich natürlich nach Winzern und Produzenten umgesehen. Ich bin sehr beeindruckt: Was die besten Schweizer Winzer anbieten, ist «extraordinaire, incroyable». Zu Marie-Thérèse Chappaz, die ich ganz besonders mag, reisen Fachleute aus der ganzen Welt an, um zu sehen, wie sie ihre grossen Weine herstellt.
In Lausanne führen Sie ein «Restaurant Pic», nicht «nur» ein Restaurant «La Dame de Pic» wie in vielen Weltstädten, etwa in Dubai.
Es gibt ein «Pic» in unserem Stammhaus in Valence. Und es gibt ein «Pic» im «Beau-Rivage Palace». Ein drittes «Pic» wird es nie geben.
Feminin, lichtdurchflutet: Das neue Restaurant Anne-Sophie Pic in Lausanne.
Besonders schön: Die grosse Terrasse und der lange Tisch draussen im Garten.
Bibliothek im Restaurant. Bücher von Anne-Sophie Pic dürfen nicht fehlen.
Im «Pic» Lausanne ist Jordan Theurillat Ihr Chef. Weshalb hat er diesen Prestigejob gekriegt?
Ein talentierter junger Mann. Marc Haeberlin hat ihn mir vor vielen Jahren empfohlen. Jordan hat dann fünf Jahre lang in Lausanne gearbeitet, zuletzt als Souschef. Seine letzte Station war «La Dame de Pic» in Paris. Er machte dort einen sehr guten Job. Also habe ich ihm angeboten, Chef in Lausanne zu werden. Ich habe ihn in Valence noch ein paar Wochen lang trainiert. Jetzt ist er reif für die Aufgabe.»
>> www.brp.ch
