Fotos: Nik Hunger
«Wir sind Freunde geworden.» Martha und Dani Gantenbein aus Fläsch GR sind die Stars der Schweizer Weinszene, ihre Pinot Noirs mit der hellblauen Etikette sind heiss begehrt, auch im Ausland. Hinter dem Erfolg steht sehr viel Arbeit, mit klarer Aufgabenteilung: Martha ist der Boss im Rebberg, Dani der Chef im Keller. Und wo geht’s hin nach einem harten Arbeitstag? Ins nahe Bad Ragaz, Genauer: Zu Ueli (l.) und Doris Kellenberger ins «Rössli». Weil Ueli hervorragend kocht (16 Punkte im GaultMillau). Und weil in seinem Weinkeller Unglaubliches liegt: Das Beste aus der Bündner Herrschaft, Ganti-Weine mit ungewohnter Jahrgangstiefe. Weltklasse-Burgunder. Die Gantenbeins sind mehr als «nur» Gäste im «Rössli»: «Wir sind Freunde geworden.» Ueli Kellenberger erinnert sich gut an die Anfänge dieser Freundschaft: «Doris und ich haben 1997 das «Rössli» übernommen, und unsere Weinkarte war bescheiden: Anderthalb Seiten. Aber dann unterstützte uns Dani: Er brachte seine eigenen Weine vorbei, dazu wunderbare Flaschen aus seinem Privatkeller. Bezahlen mussten wir erst, wenn wir eine Flasche verkauft hatten.» Die ersten «Rössli»-Weinkarten sind archiviert. Preis damals für eine Flasche Pinot Noir aus dem Hause Gantenbein: 54 CHF! Die Gantenbeins haben den Kellenbergers die Türen geöffnet – zu den besten Winzern und zu Top-Restaurants auf der ganzen Welt. Auch Martha mag das «Rössli»: «Jeder ist willkommen, ob in Wanderschuhen oder chic gekleidet, ob Gourmet-Gast oder Familie. Und die Küche passt mir: Die Gerichte sind präzis zubereitet – und es hat auf dem Teller nicht tausend verschiedene Geschmäcker.» Grosses Bild oben: Ueli Kellenberger & Daniel Gantenbein.
Raritäten zu fairen Preisen. Martha und Dani Gantenbein wissen die Karte der Kellenbergers zu schätzen: «Gehen wir auswärts essen, wollen wir ja nicht unsere eigenen Weine trinken. Deshalb schätzen wir die Karte im «Rössli»: «Das Angebot ist riesig, das Preis-/Leistungsverhältnis ist unglaublich. Bei so fairen Preisen bestellt man auch gerne ein paar echte Raritäten.» Also werden auch grosse Burgunder entkorkt: Clos de la Roche von Lignier, Ermitage Le Méal von Chapoulet/Chapoutier, Domaine Méo-Camuzet. Die Gantis, Grosszügigkeit in Person, kommen nie mit leeren Händen. Diesmal im Gepäck ihres Döschwos: Der Champagner-Geheimtipp VV/R21 von Emilie & Cédric Bouchard. Chardonnay und Pinot Noir 2018 aus dem eigenen Keller. «Die sind jetzt gerade ideal zum Trinken.»
«Ich koche jeden Tag für Martha.» Die Gantenbeins und die Kellenbergers treffen sich öfter mal privat. Sie trinken zusammen – und sie kochen zusammen: «Dani hat auch als Koch Talent, wagt sich unerschrocken auch mal an Gerichte, die er noch nicht so kennt», sagt Ueli Kellenberger, «und wenn er mal nicht weiter weiss, ruft er einfach an.» Nutzniesserin Nummer 1 ist Ehefrau Martha: «Dani ist bei uns der Koch im Haus.» Jeweils um elf Uhr meldet sich der Kultwinzer von der Arbeit ab: «Ich koche jeden Tag für Martha. Mit grosser Freude.» Mit professionellem Maschinenpark: Pacojet, Thermomix, Berkel-Aufschnittmaschine, Korngold-Pastamaschine. Von so einem Equipment können viele Profi-Köche nur träumen. Martha hat ihrem Dani soeben ein neues «Spielzeug» geschenkt: Einen Fleischtrockenschrank! Hier hängt das Bündnerfleisch ab, das Gantenbein von Holzen-Fleisch bezieht, mariniert, einsalzt und trocknet und zum Apéro aufschneidet. Selbstverständlich ist auch die Gewürzmischung eine Ganti-Kreation.
Sie trinken & kochen zusammen. Die vier Freunde haben den Rhythmus gefunden. Kellenberger: «Jeder von uns kocht abwechslungsweise einen Gang. Dazu öffnen wir ein paar Flaschen und machen uns einen gemütlichen Abend.» Beim Gitzi-Schlegel aus dem Appenzellischen ist Teamwork angesagt: «Braucht noch etwas Farbe», sagt Gantenbein. Kellenberger brät das Tierchen heiss an, Gantenbein tranchiert. Dazu gibt’s Kartoffeln und grüne Bohnen, «weil Dani Bohnen so gerne hat», sagt sein Freund. Gang des Abends: Agnolotti mit Ricotta, Teig mit Biss, dazu die Geheimwaffe vieler Köche: Beurre noisette und Alpsbrinz! Doris Kellenberger steuert die grandiosen Morcheln bei: «Diese Prachtexemplare hat meine Schwester im Wallis gepflückt und uns per Nachtexpress zugestellt.»
Neuenburg boomt! Kellenberger ist ein hervorragender Degustator, Mitglied der GaultMillau-Weinjury – und ein Fan der Schweizer Weinszene. «Extrem, was in den letzten zwanzig Jahren passiert ist. Die Schweizer Winzer haben sich sensationell entwickelt. Und ganz wichtig: Die Kundschaft hat den Schweizer Wein entdeckt und akzeptiert. Der GaultMillau hat einen grossen Anteil an dieser Entwicklung. Er hat die Schweizer Winzer bekannter gemacht.» Kellenbergers Entdeckung in den letzten Jahren? «Neuenburg! Fünf, sechs Winzer verblüffen mich immer wieder. Ihre Pinot Noirs sind auf einem enormen Niveau.»
>> Neue Serie: Schweizer Top-Winzer und ihre Lieblingsköche. Profis am Tisch, beim Schlemmen und beim Fachsimpeln. Fortsetzung folgt.