Jahrelang auf Sven Wassmers Karte. Tatort «Memories», Top-Restaurant im Grand Resort Bad Ragaz. Sven Wassmer (18 Punkte, drei Sterne / grosses Bild oben) steht in der offenen Küche, ruft entspannt die einzelnen Gänge ab. «Jawoll!» quittieren seine acht Köche, darunter vier Frauen, lautstark und machen sich konzentriert ans Werk. Was macht ein Spitzenkoch mit Gerichten, die bei seinen Gästen besonders gut ankommen? Sven Wassmer lässt sie im eleganten Swiss Deluxe Hotel einfach auf der Karte. Jahrelang. Uns soll’s recht sein: Seine Klassiker sind perfekt zubereitet. Und sie ehren einheimisches Schaffen. Sven verhilft Produzenten wie Curdin Capeder (Saibling aus dem Val Lumnezia), Vater und Sohn von Tscharner (Spargeln aus Reichenau GR) oder «Hinterhof»-Metzger Michael Vogt (Staad SG) zu einem steilen Auftritt.
# 1 Curdin Capeder: Saibling aus dem Val Lumnezia
Der Bergsaibling aus dem Val Lumnezia prägt seit acht Jahren unverändert Sven Wassmers Gourmetmenü, zuerst in Vals, jetzt in Bad Ragaz. Andreas Caminada hat den leidenschaftlichen Fischer und seine Saiblinge entdeckt, auch Sven ist fasziniert: «Die Saiblinge wachsen in einem nur schwer zugänglichen Bergsee auf 1200 Metern über Meer. Curdin Capeder muss mit dem Quad hin, beliefert mich aber trotz schwieriger Anfahrt sehr zuverlässig. Er weiss, wie ich seine Saiblinge am liebsten habe: Knapp unter einem Kilo.» Wassmers Zubereitung ist genial: Karamellisierter Sennenrahm, Tannennadelöl. Der butterzarte, zur Raute geschnittene Fisch wird unter der Wärmelampe (!) erhitzt. Zeigt die Nadel 39 Grad, wird das Filet auf schnellstem Weg zum Gast geschickt, angenehmerweise mit Nachschlag für die Sauce. Svens rhetorische Frage: «Kann man den Bergsaibling nach acht Jahren als Signatur Dish bezeichnen?» Man kann.
# 2 Familie von Tscharner: Unglaubliche Spargeln vom Schloss
Für Sven Wassmer steht fest: «Die Spargeln der Familie von Tscharner sind die geilsten.» Auch die Zubereitung ist geil: Blütenpollen, Bienenbrot, Gänseblümchen. Gian-Battista von Tscharner und sein Sohn Johan-Baptista kümmern sich auf Schloss Reichenau vor allem um ihren Weinkeller; vor allem der Pinot Noir ist ein Erfolg. Spargeln sind Nebensache: «Wir können es uns zeitlich nicht leisten, täglich zum Ernten auf die Felder zu fahren», sagt der bärtige Patron. Aber wenn die Tscharners dreimal pro Woche stechen, stehen die Starchefs Schlange! Die Spargeln wachsen auf ebenem Boden, in Tunnels aus schwarzer Plastikfolie. Der adelige Spargel ist 100% bio (Mist, Naturdünger, sonst nichts), wird mit einem alten Küchenmesser aus der Erde geholt, in der riesigen, historischen Schlossküche zurechtgeschnitten und gewaschen. Der Spargel ist weiss, aber die Spitze hat die Form von grünem Spargel. Besonderes Merkmal: Keine Spur von Bitterkeit!
# 3 Hinterhof-Metzger Michi Vogt: Das Geheimnis der Alten Kuh
Sven Wassmer hat einen Freund am Bodensee. «Rinderflüsterer» Michael Vogt (Vollglatze, gepflegter Bart, Dächlikappe) führt die «Hinterhof Metzgerei» in Staad SG und hat, was der Chef immer wieder in sein Menü einbaut. Das Fleisch einer alten Kuh, elf Jahre alt, um genau zu sein und 40 Tage am Knochen abgehangen. Wassmer: «Unglaublich im Geschmack, eine Marmorierung wie bei einem Wagyu A5.» Es wird mit viel Fingerspitzengefühl auf dem Holzkohle-Grill vollendet, mit «Memories Gulasch» und Paprika-Jus serviert. Applaus für Züchter, Metzger und Koch!
PS. Und noch ein Produzenten-Tipp: Beim Oona-Alpenkaviar «Memories Edition» imponierte uns der Salanova-Salat und vor allem der sensationelle Meerrettich. Willy und Lucia Schmid Zwimpfer vom Bio-Hof Schlossere in Willisau LU pflanzen, pflegen und ernten.
Fotos: David Künzler, Fabienne Bühler, Nik Hunger, Lukas Lienhard