Die Leichtigkeit der Ballerina. Seit gut einem Jahr haben Sawyeres im Bauern- und Käserdorf Dallenwil NW ihr Zuhause gefunden. Sie betreiben das altehrwürdige «Kreuz», Baujahr 1570. «I always wanted a Landgasthof», sagte Dietmar Sawyere zum Wechsel. Der gebürtige Freiburger ist nach einer beeindruckenden Karriere in der halben Welt im Englischen mehr daheim als in seiner Muttersprache oder im Deutsch. Im Familienbetrieb steht Chef Dietmar für die beiden Restaurants (das rustikale Stübli und das asiatisch inspirierte «Bijou») am Herd, seine Frau Nicole ist Chef de Service, Sohn Otto, 21, ihr Lehrling. «Er hat die Gastronomie im Blut, und der Kontakt mit den Gästen liegt ihm sehr. Und seine Mehrsprachigkeit ist ein grosses Plus», lobt sie den Junior. Tochter Pascale, 18, Kollegi-Schülerin, hilft in ihrer Freizeit mit. Und Tobias träumt schon mit zarten 14 Jahren von der Kochlehre, will in die grossen Fusstapfen seines Vaters treten. Nicole Sawyere schwebt leichtfüssig durch die rustikalen Gaststuben, und das ist kein Zufall: Die gebürtige Australierin absolvierte eine Ausbildung in Klassischem Ballett, Jazz- und Stepptanz. Für ihr erstes Engagement musste sie sich beim Casting gegen 5000 Bewerber durchsetzen, kriegte eine Rolle im Musical «42nd Street». Singend und tanzend war sie neun Monate auf Tournee in Australien und Neuseeland. «Eine aufregende Zeit für eine Achtzehnjährige», erinnert sie sich schmunzelnd. Immer auf Achse habe sie da schon für die Crew gekocht und serviert. Denn ihr eigentlicher Berufswunsch war die Gastronomie. «Ich hatte das Glück, dass meine Mutter eine tolle Köchin war. Als Flight Attendant kam sie in der Welt herum und brachte diese kulinarischen Erfahrungen heim in ihre Küche. Wir vier Kinder sind ernährungstechnisch polyglott und der Zeit voraus aufgewachsen. Damals war Australien – im fernen Einfluss vom Mutterland Grossbritannien – kulinarisch ein Ödland, mit viel zerkochtem Gemüse und Fleisch.» Grosses Bild oben: Nicole und Dietmar Sawyere

Restaurant Kreuz

Nicole Sawyeres Reich: Die heimelige Gaststube im «Kreuz» Dallenwil.

Start at the top. Nach der Musical-Karriere war sie wild entschlossen, in der Gastronomie Fuss zu fassen und fand eine Ausbildungsstelle im «Fourty One» in Sydney, dem damals besten Restaurant in Down Under. Hier traf sie Dietmar zum ersten Mal, beide waren aber zu dieser Zeit liiert. Nachdem sie in weiteren renommierten Betrieben ihre Wanderjahre absolviert hatte, wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit. «Ich wusste genau, welche Art Restaurant ich wollte. Eines, in dem ich mich selbst wohl fühle, gemütlich und schick und köstlich!» Sie eröffnete und führte das «Gastrodom», eine der ersten Beizen in Australien, die ein Bistronomie-Konzept mit angeschlossenem Delikatessenladen und Take-Away-Angebot realisierte. «Hier lernte ich das Geschäft vor und hinter den Kulissen der Gastronomie, damals noch mit kleinem Budget.» Hier lernte sie auch den aufstrebenden Chef Dietmar aus der fernen Schweiz besser kennen, der gleich um die Ecke wohnte. Die beiden ehrgeizigen Geister waren jetzt Singles, es knisterte heftig, sie verliebten sich, heirateten und zogen nach Auckland in Neuseeland, wo sie zusammen das «Five City Road Restaurant» in die Top-Liga führten.

Tatar aus Holzen-Angus mit Baked-Potatos-Schaum, Sauerklee vom Kreuz-Garten, Gehobelte Geissen-Chugeli, Kartoffelbrezel

Trägt Sawyeres Handschrift: Tatar aus «Holzen»-Angus, Baked-Potato-Schaum, Sauerklee, gehobelte Geissen-Chugeli.

Saibling sous vide auf Pfifferlingen, Landrauchschinken vom Alpenschwein, Fichtensprossen-Beurre blanc

«Surf & Turf» der anderen Art: Saibling sous vide auf Eierschwämmli, Landrauchschinken, Fichtensprossen-Beurre-blanc.

Auckland-Singapur-Zürich-Andermatt-Dallenwil. Es folgten für das bienenfleissige Paar Jahre mit Engagements in diversen asiatischen Metropolen. Was immer sie anpackten, es wurde ein Erfolg. Dietmar sammelte Punkte, Sterne und Auszeichnungen, Nicole kümmerte sich um die drei Kinder. «So sehr ich die Gastronomie liebe, so gern ich selbstständig war und arbeitete, das Mutter-Sein füllte mich aus, als die Kinder klein waren. Und eine Familie ist ja auch sowas wie ein kleiner Gastro-Betrieb», meint Nicole Sawyer. Die Schweiz kannte Nicole von Ferienaufenthalten. «1997 stand ich erstmals auf Ski und war sofort begeistert. Es fühlte ich an wie Wellenreiten, nur kälter. Aber ich liebe die Kälte, mehr als die Hitze», erzählt sie, die jahrelang in den Tropen daheim war. 2013 zog das Power-Paar in die Schweiz, Dietmar war im «Widder» in Zürich tätig, danach führte er die japanischen Restaurants in «The Chedi» in Andermatt zum Erfolg. Nach sieben Jahren verabschiedete er sich dort, um zusammen mit Nicole den Landgasthof «Kreuz» zu übernehmen und in Dallenwil heimisch zu werden.

Aussenansicht Dämmerung, Restaurant Kreuz, Chef Dietmar Sawyere, Dallenwil, NW

Das altehrwürdige «Kreuz» in Dallenwil NW, Baujahr 1570: Hier sind die Sawyeres heimisch geworden.

Nicole geht täglich baden. «Ich gehe fast täglich in der Engelberger-Aa baden, auch im Winter. Eine unvergleichliche Erfrischung vor dem Service. Der Bach ist ja nur ein Katzensprung von unserem Zuhause entfernt», sagt die «Kreuz»-Dame. Das Landleben sage ihr sehr zu, sie vermisse die Städte nicht wirklich: «Und mit unseren Gästen kommt ja nicht nur das Dorf und Tal zu uns, sondern auch die Welt.»

 

www.kreuz-dallenwil.ch

 

Fotos: David Birri, Alma Johanns