Fünfsterne-Luxus im «Aldi»-Hotel. 28 Minuten! So lange dauert die Anfahrt ab der Schweizer Grenze (Schaffhausen) bis zum «Öschberghof». Kein Wunder spricht man hier «buredütsch». «40 Prozent der Gäste kommen aus der Schweiz», freut sich Managing Director Alexander Hengst. Der «Öschberghof» könnte auch Aldi-Hof heissen. Die Familie Albrecht hat 1976 den Grundstein gelegt. Aldi ist heute noch der Besitzer, aber davon ist auf der Anlage ganz bewusst nichts zu spüren. Hengst, der auch noch 93 Aldi-Filialen leitet: «Der Öschberghof ist ein Ding für sich.» Heisst: 111 Doppelzimmer, 16 Suiten, drei Golfplätze mit 45 Holes, Spa & Gym – und das alles auf dem Level «Fünf Sterne plus». Das Luxuspackage gibt es zu einem angenehmen Preis: 350 Franken pro Person, riesiges Frühstücksbuffet und ambitionierter Fünfgänger abends im «Esszimmer» inbegriffen.
Chef Manuel ist auch Saucier. Der Star im Resort heisst Manuel Ulrich (grosses Bild oben), Küchenchef im «Ösch Noir». Zwei Michelin-Sterne hat er schon, den dritten will er (gelegentlich) noch, und dafür weicht er keinen Schritt vom Herd. Ulrich ist nicht nur der Chef, er steht auch am Saucier-Posten. Tiefe Saucen sind sein Markenzeichen, und diese Pfännchen gibt er nicht aus der Hand. Er ist ein «Öschberg-Kind», hat hier seine Lehre gemacht, sich dann an Deutschlands besten Adressen weitergebildet: Bei Torsten Michel in der berühmten «Schwarzwaldstube» in Baiersbronn, bei Christoph Rüffer im «Vier Jahreszeiten» («Haerlin») in Hamburg. Jetzt macht er sein eigenes Ding: Französische Basis, sanfter asiatischer Touch, unverschämt gute Saucen.
Carabinero oder Langustine? Was da aus der Küche kommt, ist aufregend. Die besten Gerichte: Pochierte Pléiade Poget-Austern mit einem fantastischen Miso-Schaum vom Schwarzwälder «Miso-Peter» zur Begrüssung. Balfego-Tatar mit Kohlrabi & Shiso-Gel. Rochenflügel der ziemlich frechen Art, mit gepökelten Schweinebäckchen in der Speckdashi. Challans-Entenbrust mit Entenkeule im Knödel und einer intensiven Enten-Essenz. Und dann natürlich die grosse Krebs-Frage: Darf’s denn ein Carabinero sein oder doch lieber eine Langustine? Die feuerrote Königin unter den Gambas gibt’s über Holzkohle gegrillt, mit Spargel, Krustentiercreme und Amalfi-Zitronenconfit. Der Kaisergranat lebt noch, wenn er aus Norwegen im «Öschberghof» eintrifft. Wir kriegen ihn sautiert, mit einem Gemüse-Klassiker: Blumenkohl «polnisch» (Weissbrot-Brösel, gehacktes Ei).
Den Kellerschlüssel hat ein Schweizer. Manuel Ulrich und seiner auffallend jungen Brigade kann man bei der Arbeit zuschauen. Die hochmotivierte Truppe kocht hinter Glasscheiben. Raus kommt der Chef selten: «Manuel dreht nicht so gerne seine Runde im Restaurant», schmunzelt General Manager Michael Artner, «aber das kommt schon noch. Am Tisch kümmert sich dafür der Michael um die Gäste.» Michael Häni ist ein Sommelier aus der Schweiz. Er hat lange im «Baur au Lac» gearbeitet und jetzt ennet der Grenze den Job seines Lebens gefunden. Er durfte den «Ösch Noir»-Keller praktisch von Null aus aufbauen. Jetzt lagern 2500 Etiketten im Keller, vorzugsweise aus der ersten Liga.
Romanée-Conti im Offenausschank. Michael Häni kann Wineparings anbieten, die aussergewöhnlich sind. Seine Geheimwaffe ist der «Coravin». Damit lassen sich auch ganz grosse Flaschen glasweise ausschenken. «Im letzten Winter haben wir 220 Flaschen aus der Domaine Romanée-Conti glasweise serviert», freut sich der Chef. Budgetsorgen beim Einkauf hat er, Aldi sei Dank, keine. Und der Gast kriegt Aussergewöhnliches zu einem aussergewöhnlich attraktiven Preis. Auf die Karte schaffen es nur wenige Schweizer Winzer: Gantenbein, Besson-Strasser, Donatsch; Martin Donatsch hat an einer Pinot Noir-Blinddegustation im «Ösch Noir» übrigens alle verblüfft.
Ein Pfund Bio-Spargel. Der «Öschberghof» will Gourmet-Resort sein, entfaltet in all seinen fünf Restaurants kulinarischen Ehrgeiz. Beispielsweise im «Esszimmer». Da gibt es «Halbpension 2.0»: Jeden Abend liegt ein ambitionierter Fünfgänger auf, der im Zimmerpreis inbegriffen ist, dazu ein attraktives à la carte-Angebot: Ein Pfund Badischer Bio-Spargel vom Hof Landmann, auf Wunsch mit einem riesigen Kalbsschnitzel oder dreierlei Schinken. Oder geschmortes Münsinger Weidelamm vom Schäfer Stotz. Im «Esszimmer» trifft man sich auch zum Frühstück: «Ö»-Ei (pochiert, mit Lachs), Weisswurst mit Brezel & Frikadellen. Und zur Förderung der Verdauung ein kleines Detox-Angebot: Apfelessig von Dr. Höhl, «in zwei Esslöffel heisses Wasser geben».
45 Golf-Holes, 5000 m2 Spa. Was treibt man im «Öschberghof» zwischen dem Essen: Der Spa ist riesig, 5500 m2, mit japanischem Onsenbad, Eisgrotte, Saunen, Hallenbad und Infinity-Pool. Auf die Golfer warten 45 (!) Spielbahnen. Der Mann fürs Golf heisst Ben Hortig. Er stemmt frühmorgens im Gym die 90-Kilo-Hantel (!), schickt dann die Gäste auf die Runde und spielt in der Dämmerung selbst noch ein paar Löcher. Juwel im Angebot ist «The Old Course»: Parkland-Golf entlang alter Bäume, (künstliche) Weiher, kein Dichtestress. Über den Greens kreisen Störche, auf den Fairways gackern die Nilgänse. Natürlich fehlen zwei Restaurants nicht auf der Anlage, die fast so gross ist wie das Fürstentum Monaco: Im «Hexenweiher» ist italienische Küche angesagt (Pasta hausgemacht, Pizza aus dem Steinofen). In der «Öventhütte» draussen im Wald geht’s deftig zu und her: Omas Rumeintopf, Backhendl, Zwiebelrostbraten, Schweinshaxe mit knuspriger Schwarte, Wienerschnitzel. Und ein Fürstenberg Pils vom Fass.
PS. Der «Öschberghof» ist auch Fussballer-Adresse: Spanien checkt für die Euro hier ein und hat gleich bis zum Endspiel reserviert. Später kommt Meister Bayer Leverkusen mit Xavi Alonso und Granit Xhaka.