Sieben Tische, ausgebucht. Vorweg. Piero Roncoronis Konzept ist ein Erfolgsmodell. Die sieben Tische in seiner «Osteria del Centro» in Comano vor den Toren Luganos sind fast immer ausverkauft. Die Gäste sind happy. Auch wenn sie eigentlich nichts zu sagen haben. Sie dürfen lediglich die Anzahl der Gänge festlegen, alles andere bestimmt der Chef. Man kann sich ihm getrost anvertrauen. Im alten Tessiner Haus ist nicht Bio-Küche nach dem Motto «Tessiner Jugend forscht» angesagt. Roncoroni war auf seinen Lehr- und Wanderjahren durch die Sterneküche auch bei Xavier Pellicier in Barcelona, Spaniens bestem Gemüsekoch. Der GaultMillau hat ihn auf Anhieb als «Entdeckung des Jahres 2024» ausgezeichnet. Er erfüllt auch die Anforderungen von Bio-Suisse mühelos. Grosses Bild oben: Piero Roncoroni.
Das Gitzi beim Gemüse-Koch. «Ganz ohne Fleisch – das geht im Tessin nicht», sagt Piero Roncoroni, GaultMillaus «Entdeckung des Jahres 2024» und hochbegabter Gemüsekoch. Also kriegen wir im Hauptgang das erste Gitzi der Saison, eigenwillig flach gepresst, unter einer Panko-Kruste, saftig und ganz ausgezeichnet. Die Azienda Anastasia in Claro TI liefert ihm das Capretto ins Haus; verwertet wird das ganze Tier. Ehrensache.
Rüebli mit Rüebli. Manchmal ist das Amuse-bouche so etwas wie eine Visitenkarte. In der Osteria del Centro starteten wir mit einem schlichten Rüebli ins Menü, mit einem dünnen Streifen von Rüebli-Crème drüber. Agrodolce war mit im Spiel, sorgte für angenehme Säure. Die Tartelette dazu, geformt aus Polenta-Mehl, mit eingelegten Radiesli und mit Löwenzahn-Crème, zeugte von sorgfältiger Pinzettenarbeit. Dann ein erster Aufreger: Ein riesiges Mangoldblatt, darunter Spinat, ein roter Chabis-Salat und ein Chabis-Sorbet; die anfängliche Skepsis wich einer gewissen Begeisterung.
Wellington ohne Filet. Wie geht der Chef mit Artischocken um? Er konfiert sie, füllt den Boden mit Artischockencrème, setzt mit getrocknetem Eigelb, Haselnüssen und schwarzem Trüffel Akzente; selbst der Artischocken-Stengel, der da frech im Teller lag, überzeugte. Wellington geht auch in der Gemüse-Osteria: Im feinen Blätterteig, zubereitet nur mit Olivenöl, steckten Kohlrabi und Champignons, dazu gab es eine rassige Chimichurri-Crème. Fehlte nach unserer Rechnung also nur der in der Gemüseküche wohl unvermeidliche Sellerie. Den kriegten wir, als Semifreddo zum zauberhaft angerichteten Dessert, mit Meringue und Kiwi! Bio-Weine, im Sommer Service im Garten, Parkhaus in der Nähe.
>> Das Label «Bio Cuisine» zeigt den Gästen, wie viel Nachhaltigkeit sie auf dem Teller erwartet. «Bio Cuisine» ist dreistufig aufgebaut und zeichnet den Anteil an Bio- sowie Knospe-Produkten im Betrieb aus. Basis ist der Einkaufswert der Lebensmittel und Getränke. GaultMillau Schweiz unterstützt diese «Bio-Cuisine»-Initiative. www.bio-cuisine.ch
Fotos: Patricia Heller, Thomas Buchwalder