Fotos: Thomas Buchwalder
Mattias Roock & das «Barbarossa»-Briefing. Dem Zufall überlässt man im «Barbarossa» nichts. Executive Chef Mattias Roock und Maître Sergio Bassi versammeln das Serviceteam zum Briefing: Jedes Gericht aus dem Menü wird bis ins letzte Detail erklärt, ebenso die besonderen Wünsche und die Macken der vielen Stammgäste. Dann geht’s los: Trota di Lago (Seeforelle) und Wagyu Ticinese mit Sezuan-Pfeffer zum Start. Onsen Ei vom Perlhuhn (Roock: «Kleiner, besser, höherer Eigelb-Anteil als Hühnereier»), Berglamm-Essenz mit Lamm-Raviolo, Loto-Risotto mit wildem grünem Spargel, «Capretto Nero» aus dem Valle Verzasca mit Polenta vom eigenen Hof. Gitzi-Bauer Pascal Favre (Erkennungsmerkmal: Gleicher Bart wie seine Geissen) steht draussen in der Küche, liefert die beiden letzten Gitzi der Saison an und ein fantastisches Geisskäsli («El Gasq») dazu. Die junge Pâtissière Raissa Lafranchi erntet die Früchte für ihre Desserts erst kurz vor dem Service. Grosses Bild oben (v.l.): Rolf Fliegauf, Marco Campanella, Mattias Roock.
Riesige Karte. Auch mittags. Im «Barbarossa» liegt noch ein zweites Menü auf, dazu ein riesiges à la carte-Angebot. Nicht mehr selbstverständlich heutzutage; das volle Programm gibt’s auch am Mittag. Die Weinbegleitung kann man getrost Sergio Bassi (GaultMillau «Sommelier des Jahres 2009») überlassen. Er entkorkt mal die eigenen Weine von der «Cantina alla Maggia», mal Bestseller aus der Schweiz, aus Italien oder aus dem Burgenland, ein paar Prestige-Etiketten lagern ebenfalls im Keller Und wenn gar nichts so richtig passen will, darf’s auch mal ein Premium Saké sein: Fukuja Kobe Classic.
Mit dem Fauscher-Boot ins Resort. Die Castello-Brigade kocht in der Hochsaison für 170 ziemlich anspruchsvolle Gäste, also braucht’s zwei Chefs aus der ersten Liga: Leopold Ott (im Winter 17-Punkte-Gourmetchef im «Kempinski» St. Moritz) ist Rooks genialer Partner, und gemeinsam bespielen sie auch die riesige Terrasse des Hauptrestaurants «Tre Stagioni». Wir empfehlen Nicht-Hotelgästen hier eine Reservation am Freitagabend: Fisch & Sushi-Buffet für freundliche 115 Franken! Wolfgang Nagler, früher Chef in Berlin und Koch vieler Kanzler, steht im Fischerhemd an der Austern-Bar. Die fangfrische Lachsforelle wird mit Yuzu aus dem eigenen Garten aufgepeppt. Balfego-Tuna, Jakobsmuschel-Ceviche und Hummer vom Grill gibt’s auch. Gastgeber in GaultMillaus «Hotel des Jahres 2022» und Chef der «Terreni»: Gabi und Simon Jenny, seit 30 Jahren verheiratet, seit 21 Jahren im Resort. Ihr neuestes «Baby»: Ein elegantes Fauscher-Boot. Wer mit dem ÖV anreist, wird in Locarno am Perron abgeholt und übers Wasser zum Resort gefahren.
Die genialen Gerichte von Rolf Fliegauf. Die «Battle der Chefs» in den drei grossen Asconeser Fünfsterne-Hotels ist faszinierend und in dieser Form einmalig im Land. Für das Lifestyle-Resort «Giardino» steigt seit Jahren schon Rolf Fliegauf in den Ring. Die Gäste mögen seine aufregend aufwändige «Ecco»-Küche, die Tester auch, und selbst die höchste Ehrung ist ihm sicher: Der bewundernde Applaus der Berufskollegen. Fliegauf kocht (natürlich) saisonal. Regional ist weniger sein Ding, das überlässt er der Konkurrenz. Spargeln mit Hollandaise? Machen viele. Aber kaum einer so raffiniert-genial wie Rolf Fliegauf, seit vielen Jahren Chefkoch im «Ecco» und Aushängeschild des munteren Ferienresorts. Fliegauf beschaffte sich den ersten Badischen Spargel der Saison, verarbeitete ihn ganz klassisch und mit einer Pinienkernenöl-Vinaigrette zu einem Spargelsalat. Der Hammer kam obendrauf: Eine extrem reduzierte, fermentierte Spargel-Hollandaise, dazu ein Hollandaise-Eis in einer noch angenehmen Temperatur. Schüttelt ein altgedienter Profi eine derart raffinierte Kombination einfach so aus dem Ärmel? «Nein», sagt Fliegauf, «es brauchte 40 Versuche, bis es endlich klappte.» Wir applaudierten heftig und notierten: «Zur Nachahmung nicht empfohlen!»
Der Rolls-Royce-Kaisergranat. Weitere Highlights: Die Seeforelle mit Crème Fraîche und einer frechen Ladung frisch geriebenem Meerrettich. Der Kaisergranat aus Südafrika im nur schwer erhältlichen Rolls Royce-Kaliber 3/6; die Krustentier-Bisque dazu hat «Feuer»: XO, eine umami-intensive Meerfrüchtesauce mit etwas «Knobli», ursprünglich die Geheimwaffe der Köche in Hongkong. Und da sind noch die kleinen «Extras» bei den Hauptgängen: Eisbein-Würfel zum Brüggli-Bachsaibling, geschmorte Lammschulter in der Sauce zum Appenzeller Lammrücken. Der Service am Seerosen-Teich ist perfekt: Fliegaufs Frau Jenny ist der Boss, die junge Sommelière Theresa Windhofer aus der Steiermark ein Talent.
Marco Campanella: Zurück aus Japan. Einer der besten Köche der neuen Generation steht im «Eden Roc» am Herd: Marco Campanella, 18 Punkte im «La Brezza» Ascona und im Winter auch im «Tschuggen» Arosa. Der junge Mann, Grossmeister auch der veganen Küche, startet gerade durch, hat einen Vertrag als Mercedes-Ambassador abgeschlossen und geht schon mal auf Studienreise: Ferien in Tokio und Osaka, zusammen mit seiner Frau Sara und Töchterchen Enola. Marco: «Die Kleine steht auf Ramen und Wagyu, ich durfte zwischendurch mal solo in ein Omakase-Restaurant.» Klar, färben solche Erfahrungen ab. Japanisches Carpaccio, Nigiri obendrauf! Beim Short Rib, bei der Ente und beim «Pollo de Bresse di Alfred von Escher» zeigt sich, wie aufwändig das «Team La Brezza» kocht: Die Vögel werden geräuchert, ein paar Tage abgehängt, ruhen zwölf Stunden in der Salzlake. «Ein Side Dish ist immer dabei, seit unserem Start 2018», lacht Marco. Nächstes Ferienziel der Familie Campanella: Südkorea! Übrigens: Das «Eden Roc» schliesst Ende September für einen heftigen Umbau. Die Familie Bechtolsheimer investiert weitere Millionen in sein Schmuckstück direkt am See. Kleiner Nachteil: Mit Preisaufschlägen ab 2025 ist zu rechnen.
Orselina: Risotto-King Ricardo. Das schönste Hotel ausserhalb von Ascona? Die «Villa Orselina» in Orselina hoch über Locarno und Lagoi Maggiore. «La bella vita» ist hier angesagt: unkomplizierter Lunch vom Grill am Pool, abends dann gepflegte 15-Punkteküche auf der grossen Terrasse mit atemberaubender Aussicht. Chef ist seit Jahren Riccardo Scamarcio. Seine Lieblingsgerichte sind auf der grossen Karte mit dem Symbol «Chef’s Best» gekennzeichnet. Der Risotto Carnaroli San Massimo mit Grapefruit-Würfelchen, Burrata aus Puglia und Gambero rosso aus Mazara del Vallo auf Sizilien gehört definitiv dazu. Riccardos Trick: Er schneidet den Krebs zum Carpaccio auf, legt die dünnen Scheiben über den heissen Risotto. Wir notieren: Risotto-King! Stammgäste verschwinden mit dem smarten General Manager Daniel Schälli (früher «Eden Roc») schon mal in den neu umgebauten Weinkeller und staunen über das Angebot: Allein 50 sorgfältig ausgesuchte Tessiner Rotweine. Viele Grossflaschen (bis 18 Liter) gibt’s auch. Für grosse Feste in einem kleinen Boutique-Hotel.
>> Lesen Sie in der nächstes Folge: Wer das fabelhafte Pane Maggia erfunden hat. Wo ein Weltmeister Brötchen und Cornetti backt. Und was man in den fabelhaften «Terreni alla Maggia» alles degustieren und kaufen kann.