Bock auf den Bock. Tanjas Küchenchef Marco Böhler hat Bock auf einen Bock. Also kriegen wir einen Sommerbock, und Marco legt stolz die entsprechenden Dokumente vor: Erlegt am 1. Mai 2024, um 21.10 Uhr, in Hemmiken BL. Plombe 68. Blitzsauber getroffen, keine Auffälligkeiten. Böhler, der soeben die Jagdprüfung bestanden hat, verwertet vorbildlich das ganze Tier: Haxe, Nierli, Leberli, Züngli! Der in viel Butter gebratene Badische Spargel und die Sauce Hollandaise mit einem Extra-Spritzer Zitrone passen prima dazu. Grosses Bild oben: Grégory Rohmer, Tanja Grandits, Marco Böhler.
Berglamm unter dem Beil. Böhler kann sich ordentlich austoben im «Stucki»-Frühlingsmenü. Die unglaublich zarte Kalbshaxe, 24 Stunden sous-vide gegart, ist drauf, mit einem wunderbaren Ofen-Rüebli. Und auch das Berglamm hat einen steilen Auftritt. Marco fährt immer wieder nach Grindelwald, zum Metzger seines Vertrauens (Rolf Bohren) und greift dann zum Beil: Er zerlegt das Lamm in seine Einzelteile, wir kriegen diesmal Rücken und ein Kotelett mit langem Knochen. Seine Chefin steht nicht so auf tote Tiere, aber sie leistet auch bei diesen Fleisch-Klassikern ihren Beitrag, verpasst ihnen gewissermassen den Tanja Grandits-Touch: Langpfeffer-Lack und Lattich etwa zum zarten Lämmchen.
So dosiert man Wasabi! Die Gäste lernen die Chefin schnell einmal kennen. Tanja giesst das Amuse-bouche an jedem Tisch selbst ein, bei schönem Wetter auch im gediegenen Garten, einer Art Basler Stadtoase. Begrüssung diesmal: Ein Cocktail aus Gurke, Wasabi und Cashew. Faszinierend die Wasabi-Dosierung, nicht zu viel Schärfe und schon gar nicht zu wenig. «Reine Übungssache», sagt dazu die Chefin. Ihr nächstes Feuerwerk: Ceviche vom rohen, nur leicht angebeizten Gotthard-Zander, mit Yuzu, Sesam und Fenchel. Der grüne Spargel für den nächsten Gang wird auf dem Bruderholz (St. Margarethen) jeden Morgen frisch gestochen und ins «Stucki» geliefert. Tanja-Touch: Basilikum in der Brioche und in der eleganten Hollandaise. Marco Böhler-Touch: Kaviar statt Salz. Weil er gleich zwei Dosen mitbringt, kommt es zu einem spontanen Vergleichstest: Da der bestens etablierte Oscietra von Royal Belgian, dort ein neues hybrides Format: Kaluga N25 aus dem chinesischen Yunnan-Plateau.
Steinbutt. Ein Fünf-Kilo-Monster! Wir wundern uns dann über die erstaunliche Frische der Blumenkohl-Crème (mit Jakobsmuscheln) und erfahren: Champagner ist drin. Dann stechen wir in eine heisse Estragon-Krokette. Ricotta und ein zweiter Frischkäse fliessen raus, zur Pistazien-Dukkah und zu den sorgfältig gepuhlten Erbsli. Die Chefin ganz cool: «Wir haben immer viele Praktikanten und Schnupperlehrlinge im Haus. Die kümmern sich um unsere Erbsen.» Den nächsten Star im Menü dürfen wir draussen in der Küche bewundern, bevor er verarbeitet wird: Steinbutt, am Vortag in schottischem (!) Gewässer gefangen, so unglaublich frisch, dass ein paar Körner Salz zum Würzen genügen; von der genialen Shiso-Hollandaise dazu baten wir um Nachschlag.
Krug aus dem goldenen Becher. Tanja Grandits geniesst internationale Anerkennung. Die Maison Krug hat die leidenschaftliche Champagner-Geniesserin als Ambassadorin auserkoren. Also gibt es jetzt im Menü immer einen Krug-Gang. Die Variante diesmal: Grosse, aber federleichte Miso-Gnocchi, dazu Krug 169ième, serviert in einem goldenen Becher! «Gebechert» wird im «Stucki» eh auf hohem Niveau: Die beiden Profis Grégory Rohmer und Paul Fröhling bauen den Keller klug und kontinuierlich aus und haben eine sympathische «Macke»: Für die Weinbegleitung kreisen grundsätzlich nur Magnum-Flaschen, den «Blanc Vin de Soif Beerliwy» von Patrick Adank gibt’s gar aus der «Bonbonne», einem gläsernen Fünfliter-Dekanter. Im tiefen Keller arbeitet ein weiterer Star im Team: Julien Duvernay. Er sorgt für aufregende Desserts (Spinat/Sauerampfer-Eis, Rhabarber mit Crème fraîche-Mousse, Vanille-Krokant) und begeistert die Bruderholz-Society mit Kuchen, Pâtisserie und Schokolade, die man in Tanjas «Lädeli» im Erdgeschoss des Restaurants kaufen kann.
Zeit für eine kleine Lobeshymne. Tanja Grandits ist eine faszinierende Frau, mit faszinierender, eigenständiger Küche, mit modern-entspanntem Führungsstil. Am «Stucki»-Herd wird viel gelacht, auch mal gefeiert, wachsen Talente heran, die später erfolgreich ihren eigenen Weg gehen. Erfolg begleitet sie: Das «Stucki» ist meist zweimal täglich ausgebucht, glückliche Gäste freuen sich auf die monochrone Genussreise. Auch der GaultMillau ist begeistert: Jeder einzelne der 19 Punkte ist hochverdient.
Fotos: Roy Matter, Lucia Hunziker, Patricia Heller