Fotos: Olivia Pulver
Das Erbe von Auguste Escoffier. «The Dolder Grand» ob Zürich feiert gerade seinen 125. Geburtstag, ist unverschämt erfolgreich unterwegs, fit für die Zukunft. Da darf’s schon mal ein Blick zurück sein: «The Grand Heritage» nennt sich das Pop-up zum Jubiläum. Executive Chef Heiko Nieder zügelt für einmal seine Kreativität, die ihn in «The Restaurant» seit Jahren auszeichnet (19 GaultMillau-Punkte), blättert dafür in einem alten, dicken Schunken: «A. Escoffier, le Guide culinaire». Das Kochbuch des französischen Meisters (1846 – 1935), eng und präzis geschrieben, ohne eine einzige Illustration, ist auch heute noch unverzichtbares Standartwerk für Köche, die es genau wissen wollen. Wir empfehlen die Lektüre auch den jungen Wilden. Französische Klassiker prägen in «The Grand Heritage» die Karte, noch bis zum 2. Februar. «Wir sind sehr gut gebucht», freut sich General Manager Markus Granelli. Grosses Bild oben: v.l. Patrick Hinterberger, Francesco Fazio, Leah Schnider, Heiko Nieder, Sophia Bloem, René Kilian, Vladana Oljaca.
Ein Fall für René Kilian. Heiko Nieder plant seine Pop-ups im noblen Swiss Deluxe Hotel immer nach dem gleichen Muster. Er schreibt die Karte, dann übernimmt René Kilian, sein treuester Wegbegleiter, mit weisser Kochblouse, Torchon und hoher Toque, wie es sich gehört, wenn sich so vieles um Auguste Escoffier dreht. Das Serviceteam muss eine Zusatzschicht einlegen: Eingedeckt wird das Silberbesteck aus alten «Dolder»-Zeiten, also heisst es zweimal pro Woche «silbern», damit alles funkelt und glänzt im Restaurant. Heikos Sommelière Katharina Sarrot holt dann noch eine «Granate» aus dem Keller, diesmal einen Château Léoville Poyferré 2014; eingegossen wird aus einer «Methusalem», einer beeindruckenden Sechsliter-Flasche.
Das Ding mit der Lady Curzon. Nicht jedes Rezept aus der Vergangenheit kann man heutzutage 1:1 übernehmen, schon gar nicht die Originalversion der «Lady Curzon», früher mal die «Suppe aller Suppen», serviert an Königshöfen, im «Ritz» Paris und bis zum Untergang auch auf der «Titanic». Das Rezept der Baroness Mary Curzon of Kedleston wurde modifiziert; Fleisch von (geschützten) Schildkröten ist nicht mehr drin im berühmten Süppchen. René Kilian verrät gerne den Ersatz für seine «Fausse Soupe de Tortue»: «Kalbskopf, Tafelspitz, Kalbsbäggli.» Das Krötenfleisch vermisst niemand; es war praktisch ohne jeden Goût. Wer der Sache trotzdem nicht ganz traut, findet auf der «Dolder»-Karte eine Suppen-Alternative: Vichyssoise vom anderen Stern, mit einem Löffelchen Kaviar drin (Oscietra von Hauslieferant Kaviari).
Pfaffenschnittchen für Nicht-Narren. Highlights auf der Karte: Der sanft gegarte Lachs an einer angenehmen Kresse-Sauce. Die Milken «Rossini». Seezunge und Steinbutt, zubereitet nach klassischem Rezept. Und «Ragout Fin de Sot-l’y-laisse»! Das kann man ruhig wörtlich nehmen: Nur Narren lassen die zarten, gut versteckten Stücke beim Güggel unbeachtet zurück. Im «Dolder» gibt’s die bei Kennern so beliebten «Pfaffenschnittchen» in einem feinen Pastetli. Und weil wir in einem Luxushotel sind, wird noch weisser Trüffel darüber gehobelt. Braucht es eigentlich nicht, ist aber natürlich «très chic». Das «Filet Wellington» (Rindsfilet in elegantem Blätterteig) wird an jedem zweiten Tisch bestellt. Nicht gerade federleicht, aber natürlich eine Attraktion dafür. Klassisch auch die Beilage: Pommes Duchesse! Desserts? «Omelette en Surprise» oder «Glace au Citron et au Champagne». Schlusspunkt unter eine vergnügliche Reise in die kulinarische Vergangenheit.