Fotos: Salvatore Vinci
Italianità im Zürcher Kaufleuten. Draussen vor dem «Kaufleuten» herrschten dreissig Grad und mediterrane Schwüle, drinnen im Club dezentes Dämmerlicht und angenehmes Klima. Die Weinhandlung Casa del Vino hatte zum ersten «Festival Italiano» in Zürich geladen, 25 Produzenten aus ganz Italien aufgeboten plus den Schwesterbetrieb Vinattieri aus dem Tessin. Ein verlockendes Angebot, das sich 500 Interessierte nicht entgehen lassen wollten. Sie hatten die Qual der Wahl zwischen 130 Weinen. Auf dem langen Tisch auf der Bühne werden ein gutes Dutzend vom «Gambero Rosso» mit «Tre Bicchieri», der Höchstnote, ausgezeichneten Weine präsentiert, im Spektrum zwischen 13 und 325 Franken die Flasche. Hier herrschte wider Erwarten nicht mehr Andrang als vor den Produzentenständen im Saal. «Die sind eben schon entdeckt. Da haben die Profis des renommiertesten Weinführers in Italien schon die Vorarbeit geleistet», klärte Christoph Bürki, CEO von Casa del Vino, auf. «Unsere Besucher machen ihre Entdeckungen wohl lieber selbst und nutzen die Gelegenheit, persönlich mit den Produzenten zu plaudern, zu fragen und zu fachsimpeln.» Grosses Bild oben: Christoph Bürki, CEO Casa del Vino.
«Passion for Wine». Der Grund, Italien in den Fokus zu setzen, war für Bürki ein naheliegender. «Die ehemalige Zürcher Weinhandlung Casa del Vino, wo unsere Wurzeln liegen, ist bekannt für hochwertige spanische Weine. Mit unserer Messe wollen wir jetzt unsere italienische Seite bekannt machen. Praktisch, dass der Name in beiden Sprachen trifft. Wir waren sehr positiv überrascht, wie viele der Produzenten spontan zugesagt haben, zur Messe zu kommen. Alle Winzer zeigten sich sehr enthusiastisch, egal, wie lange die Anreise war, von Sardinien oder Apulien.» Und entsprechend dem Motto von Casa del Vino – «Passion for Wine» – hätte sich das Team mit Leidenschaft an die Organisation des Events gemacht. Für Bürki stand schnell einmal fest: Weitere «Festival Italiano» werden folgen.
Barone Ricasoli, seit 1141! Mit Barone Ricasoli aus der Toskana ist der älteste Betrieb Italiens vertreten. Voller Stolz zeigt Maria Bertelli, Verkaufs-Chefin Europa, auf die Holzkisten, auf denen das Gründungsjahr steht: 1141. «Francesco Ricasoli macht in der 32. Generation Wein!», sagt Bertelli, während sie eine Probe von Castello del Brolio 2020 einschenkt. «Er wird im mittelalterlichen Schloss, das die Etikette ziert, hergestellt.» Die Schweiz sei ein wichtiger Markt für Ricasoli, vor allem für die neuen Top-Qualitäten, auf die das Haus jetzt verstärkt setzt. Schon fast ein New Kid on the Block ist dagegen die Familie Maculan aus Venetien. Angela Maculan präsentiert an ihrem Stand zwei Weisse und vier Rote, die ihre Schwester Maria Vittoria in dritter Generation herstellt. Angelas Favorit: der weisse Bidibi, die Kurzform für Bianco di Breganze. «Ein Kelterung aus Taj- und Sauvignon-Trauben, der perfekt zum Apero an einem warmen Sommerabend wie heute passt! Prosit», meint Angela Maculan.
«Da ist Musik drin!» Franciacorte, das italienische Pendant zu Champagner, gibts am Stand von Bellavista zu kosten. Besonders stolz ist Valerio Petrone auf den Bellavista Scala Brut 2018. Seit zwanzig Jahren pflegen die Weinmacher eine Partnerschaft mit dem Mailänder Opernhaus Scala, der neue Jahrgang wird jeweils an der Premiere im legendären Musentempel vorgestellt. «Hören Sie am Glas: Da ist Musik drin!», sagt Petrone. Warum ist der Schaumwein aus der norditalienischen Lombardei so wenig bekannt in der Schweiz? «Das ist mir auch ein Rätsel», meint Petrone und seufzt. Fanciacorte habe so viele Vorzüge gegenüber Champagner. «Er ist exklusiver, die Region ist nur einen Zwanzigstel so gross wie die Champagne. Unsere DOC-Regulierungen sind sehr streng, sie verlangen zum Beispiel reine Handernte. Unsere Betriebe sind alle in Familienbesitz, da steht nirgends ein Konzern dahinter. Und preislich sind wir interessanter als Champagner!»
Jermann & Merlot Bianco von Vinattieri. Ebenfalls zu Unrecht wenig bekannt sind hierzulande Weine aus dem Friaul. Mit Jermann ist am «Festival Italiano» ein klangvoller Name vertreten. Jermann, spezialisiert auf Weisswein, ist in den hochklassigen Gambero-Rosso-Restaurants bestens vertreten, vor allem im Süden. Hier werde die Frische und Eleganz der Friauler Weine geschätzt, die sie der Höhenlage der Rebberge verdanke. So erzählt es Riccardo Pizzimbone, der seit gut einem Jahr beim Traditionsbetrieb bei Silvio Jermann, 1881 gegründet, arbeitet. Sein Favorit: der Vintage Tunina, der seit 1973 hergestellt wird. Ein letzter Besuch, bevor die Promillegrenze erreicht ist, gilt Vinattieri, wo Michele Conceprio, seit 2020 Direktor des Tessiner Top-Weingutes, himself ausschenkt. Ein Schluck vom Merlot Bianco 2022 macht klar, warum die Warteschlange am Vinattieri-Stand die längste ist.